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292 Das Thal cler Mur.
Ein Meer von Blut und Thränen, zahllose Trümmerstätten, nieder-
gehrannte Dorfflecken und Wehklagen der massenhaft in die Gefangenschaft
geschleppten Opfer bezeichneten die Heerstraße der fanatischen Reiter.
Bis auf die Gebirgskämme und in die abgeschiedensten Gräben tummelten
die apokalyptischen Reiter ihre Rosse und ununterbrochen flammten die
Höfe der Bauern und die Kirchen der Dörfer auf. An den wehrhaften
Mauern der Städte und festen Schlösser zog jedoch der schreckliche Heerzug
vorüber, wie die Gewitterwolke über die grüne Saat. Nur wenige Tage hatte
dieser Heerzug gedauert, aber die Erinnerung daran prägte sich so t ief
in die Ü b e r l i e f e r u n g des Volkes ein, dass sie heute noch in
vielen Localnamen und Sagen erklingt. So erinnern die Localnamen :
W e h r a n g e r , To dt e ngra b en, Türkenthörl, Türken scheib e, am
S t re i t , S t e in schü t t , B lu t s a t t e 1 etc. an diese furchtbaren Stunden.
Bald stellten sich die zusammengerotteten Bauernscharen auf Alpen-
sättel zur Wehre, errichteten Steinlawinen oder schwellten die Bäche*
um die eingedrungenen Feinde zu vernichten, bald wurden in Waldgräben
geflüchtete Christenscharen verrathen und grausam niedergemetzelt, bald
wieder verhüllten plötzlich entstandene Nebel Kirchen und Kapellen den
Blicken der Osmanen, bald gelingt es wieder einer muthigen Schar, eine
Horde Reiter zu vernichten.
Nahezu gleichzeitig verwüsteten aber auch die böhmischen Söldner-
scharen des König Mathias Corvinus von Ungarn, 1480 — 1490, das Land.
Wie im Murauer Bezirke so breitete sich noch Mitte des 16. Jahr-
hunderts die l u t h e r i s c h e Bewegung rasch über ganz Obersteier,
somit auch über den Murboden aus, trotz aller Befehle und Verwarnungen
der Regierung in Graz. Der mächtige Einfluss der Freiherren Hoffmann
auf Strechau reichte auch ins Murthal hinüber und gelang es denselben,
die wichtige große Pölser Hauptpfarre 1573 mit lutherischen Predigern
zu besetzen, sowie auch in Oberwölz , J u d e n b u r g und Kni t t e l -
fe ld , Leoben und Bruck die Thesen Luthers von den Kanzeln ver-
kündet wurden. Judenburg wurde überhaupt unter dem Einflüsse des rings-
um wohnenden Adels zum Hauptsitze des Protestantismus in Obersteier*
insbesonders als 1578 Karl II. den Protestanten auf dem Brucker Landtage
nach langem Widerstande endlich die freie Religionsausübung speciell in
Judenburg und Graz zugestand.
Auf den Schlössern waren zahlreiche lutherische Prädicanten als
Schlossprediger des mit Feuereifer zur evangelischen Lehre haltenden Adels
und waren am Ende des 16. Jahrhunderts zahlreiche katholische Pfarren
Obersteiers entweder in Händen der Lutheraner oder ganz unbesetzt, während
die kleine Schar treu gebliebener katholischer Priester nur mehr ein schwaches
Häuflein Katholiken um sich versammeln konnte. Im Jahre 1588 war die
Bewegung schon so stark, dass Erzherzog Karl II. in Judenburg am Leben
bedroht wurde auf das Gerücht hin, der lutherische Prediger Caspar Mayer
wäre auf Karls Befehl verhaftet worden.
Die Klostergemeinden verödeten, 1562 wurde das Judenburger
Franciscanerkloster zerstört, die Augustiner verließen freiwillig ihre Sied-
Die eherne Mark
Eine Wanderung durch das steirische Oberland, Volume 2
- Title
- Die eherne Mark
- Subtitle
- Eine Wanderung durch das steirische Oberland
- Volume
- 2
- Author
- Ferdinand Krauss
- Publisher
- Leykam
- Location
- Graz
- Date
- 1892-1897
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 14.1 x 20.37 cm
- Pages
- 613
- Keywords
- Steiermark, Heimatkunde
- Categories
- Geographie, Land und Leute
- Geschichte Vor 1918