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Sektion I: Themen und Medien der Repräsentation 15
Oberflächen und der ‚Nahsichtigkeit‘ belegen. Zudem wird aus dieser Perspektive
deutlich, welchen besonderen ‚historischen Ort‘ Materialität in Preziosen aus der
zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts besitzt.2 Ebenso wird in Zukunft danach zu fra-
gen sein, wie material culture von Bildern im traditionellen Sinn abgegrenzt werden
kann, formuliert doch der ‚material turn‘ mit seiner Betonung taktiler Eigenschaften
von Objekten letztlich auch nur eine bestimmte Seite von Visualität. Ein interdiszi-
plinärer Ansatz müsste in Hinkunft Musik und musikalische Aufführungen mit ein-
schließen, was jenseits einer Materialästhetik Theodor W. Adornos eine methodische
Herausforderung darstellt. Was etwa die Verbreitung repräsentativer Musikwerke in
Drucken betrifft, war der Hof Ludwigs XIV. (z. B. mit Opernpartituren von Lully)
dem Kaiserhof zunächst voraus; allerdings spielte auch für das Haus Habsburg die
materielle Komponente bei besonderen Anlässen eine unverzichtbare Rolle, etwa im
Jahr 1854 bei der Huldigung der Tonsetzer Wiens an Kaiserin Elisabeth in Form einer
Hochzeitskassette mit 91 Musikautografen.
Während Michael Yonan in seinem Beitrag eine allgemeine methodische Pers-
pektive anspricht, konzentrieren sich die anderen Beiträge der Sektion stärker auf
medien- und themengeschichtliche Fragestellungen. Friedrich Polleross themati-
siert mit seinem Artikel Repräsentation und Reproduktion. Der ‚Kaiserstil‘ in den zeit-
genössischen ‚Massenmedien‘ das Verhältnis zwischen Repräsentation und ihrer medi-
alen Verbreitung mittels Druckgrafiken, wobei auch die Bedeutung dieser Medien
in ihren unterschiedlichen Formaten deutlich wird. Im Gegensatz zur Kulturpolitik
Ludwigs XIV., die weitgehend durch einen zentralistischen Zugriff gekennzeichnet
ist, kann eine vergleichbare Vorgangsweise am Wiener Hof nicht bzw. erst verspätet
festgestellt werden. Seit den grundlegenden Forschungen von Jutta Schumann3 ist
bekannt, dass dieser Nachteil eines geringeren Aktionsradius des Wiener Hofs durch
ein zunehmendes Engagement der sogenannten ‚Reichspublizistik‘ wettgemacht
wurde: Dabei handelt es sich um eine Medienproduktion, die – nur indirekt gelenkt
bzw. unabhängig von den Wiener Zentralstellen – in den deutschen Reichsstädten
und vielfach auf kommerzieller Grundlage agierte. Polleroß spürt am Beispiel teil-
weise unbekannter Darstellungen von Werken der Epoche Karls VI. der weit über
Wien hinaus wirksamen Publizität kaiserlicher Baupolitik von der Wiener Pestsäule
(ab 1692), Schloss Schönbrunn (ab 1700) über die Peterskirche (ab 1701), die Jo-
sephssäule (ab 1708), die Karlskirche (ab 1715) und die Hofbibliothek (ab 1729) bis
zum Vermählungsbrunnen (ab 1732) und der Wiener Hofburg (ab 1733) nach. Der
auf die politische Publizistik bezogene Befund Schumanns kann, so Polleroß, mit
dem nun präsentierten Material bestätigt werden: Lag der Schwerpunkt der Publika-
tionen bis etwa 1715 im Heiligen Römischen Reich, so erfolgten spätere publizisti-
sche und propagandistische Offensiven hauptsächlich durch den Wiener Hof bzw. in
Die Repräsentation der Habsburg-Lothringischen Dynastie in Musik, visuellen Medien und Architektur
1618–1918
Representing the Habsburg-Lorraine Dynasty in Music, Visual Media and Architecture
- Title
- Die Repräsentation der Habsburg-Lothringischen Dynastie in Musik, visuellen Medien und Architektur
- Subtitle
- 1618–1918
- Editor
- Werner Telesko
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20507-4
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 448
- Categories
- Geschichte Vor 1918