Page - 27/28 - in Die Votivkirche in Wien - Denkschrift des Baucomités
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ohne Unterschied der Monate, indem diese Ausmittclung dcs Lohncs
niif der miltlcren Arbeitszeit beruht. Die Cinreihung in die Classen ist
dem Obermeister übertragen, welcher hierbei n»f Fleisz, Geschicklichkeit
und gutes Getragen sehen wird. Er hat aus die Anträge der Poliere,
vorzüglich aber aus seine eigene ücobachtmig Uücksicht zu nehmen.
Wenn ein in höherer Classe eingereihter Steinmetz sich Mangel
an Vleih oder sonst ein Gebrechen zu Schulden kommen läszt, so wird
er in eine niedrigere Classe versetzt, bis er wieder durch Flcisz und
Ausmerksainkeit die Zurückuersctzung in die Höhcrc Classe verdient.
Ein durch Mangel an Flcisz oder durch Fahrlässigkeit vcrursnchtcr
Schade kann durch einen Dcrmeis oder durch eine Geldstrafe, die
jedoch den dritten Theil des Wochenlohnes nicht übersteigen darf,
geahndet werden.
Das Masz der Strafe wird vom Obermeister nach Anhörung der
Poliere und des Geltesten aus jeder Classe der Stcinmetze bestimmt.
Der Strnfbctrag fällt der Kranken- und Untcrstützungscassc der
Bauhütte anheim.
Da die Qauhütte eine ftstanzschule für tüchtige Steinmctze werden
soü, so werden Lehrlinge ausgenommen, welche wenigstens das drei-
zehnte Jahr zurückgelegt haben, gesund und stark, und als gesittete
Jungen bekannt sind. Die Lehrzeit dauert in der Kegel fünf Jahre.
Eine Abkürzung kann als Belohnung für besonderen Flcis; und vor-
zügliche Gcschicklichkeit stattfinden.
Die Lchrjungen stehen zunächst unter der Obhut der Poliere,
müssen liebreich behandelt, und zu Flcisz und Ordnung, sowie zu einem
gesitteten Wandel angehalten werden. Sie sind beständig zur Arbeit
zu verwenden. Das Hcrumschicken derselben durch die Stcinmctzc darf
durchaus nicht geduldet werden.
Drei Monate dauert die Probezeit zur definitiven Aufnahme,
doch wird diese Zeit in die Lehrzeit eingerechnet.
Die Lchrjungen können nach der Probezeit schon vom ersten
Jahre angefangen einen Lohn erhalten und werden ebenfalls in Classen
abgetheilt.
> im dritten Jahre
die erste Classe täglich 40 kr.,
zweite „ „ 34 „
dritte .. .. '23 ,.
im vierten Jahre
die erste Classe täglich 30 kr.,
„ zweite „ ,. 42 „
! „ dritte .. .. 36 „
im fünften Jahre
die erste Classe täglich 1 fl.,
„ zweite „ „ 30 kr.,
., dritte ,. .. 40 .. C. M.
Die Lchrjungcn sind an Sonn- und Feiertagen zum Schul- und
Religionsunterrichte anzuhalten und haben sich dicsfalls mit Zeugnissen
auszuweisen.
üci der üauhütte ist eine Kranken- und Untcrstützungscasse zu
bilden, aus welcher bei vorkommenden Crkrankungs- oder anderen
Unglücksfällen Unterstützungen verabfolgt werden.
In diese Tasse hat jeder bei dem üaue beschäftigte Arbeiter ohne
Unterschied der Steinmctze oder anderer Classen von seinem Ucrdicnstc
einen Kreuzer per Gulden einzuzahlen. Dieser üetrag wird vom Lohne
abgezogen und in die Ellsse gelegt.
Die Derwaltung dieser Cnllc wird vom Nechnungssührer über-
nommen, welchem ein Ausschusz — aus den Polieren und den hierzu
gewählten Altgesellen gebildet — zur Seite steht.
Die Erüsze des in jedem einzelnen Falle aus der Casse zu ver-
absolgcndenUntcrstützunasbetrages wird von dem erwähnten Ausschusse
bestimmt.
Im ersten Jahre erhält
die erste Classe täglich 20 kr.,
.. zweite „ „ 1 3 ,,
dritte 16 !
im zweiten Inhrc
die erste Classe täglich 30 kr.,
„ zweite „ „ 26 „
,. dritte ,. .. 22 .. IV. Personal- uud Gesolouugg-Itatus.
1. Äcction für architektonische Zeichnungen,
sczüglich des Personales und der Honorirung der Section für
die architektonischen Zeichnungen ist bereits in der Organisation des
Bauwesens der Grundsatz ausgesprochen, daß der Architekt Jerstel
sür die Zeichnungen im Ganzen honorirt weiden soll, so dafz die Zahl
und Wahl der Zeichner ihm überlassen bleibt. Seine Beschäftigung ist
eine solche, dnsz sie im Leginne des Üaucs bedeutender ist, als bei dem
weiteren Fortschreiten der Arbeiten, wo Wiederholungen vorkommen
und die eigene Thätigkeit des Architekten weniger in Anspruch
genommen wird. Aus diesem Grunde, und ferner zu dem Zwecke,
dnsz der Architekt ein Motiv habe, den 6au vorwärts zu treiben, wäre
seine Honorirung in folgende Abstufungen zu bringen:
a) 3n dcm crftcn Jahre dürste ihm ein in Monatsraten flüssig zu
machender Iahrrsgehalt von 4.000 N.,
im zweiten Jahre von 3.000 „
im dritten Jahre von 2.300 „
zusammen mit . 9.300 st.;
d) in dcn drei nächsten Iahrcn mit jährlichen 2000 st.,
zusammen 6.000 st.;
c) in dcn drei folgenden mit 1300 st., zusammen . . 4.Z00 „
d. i. bis zum Ablaufe dcs neunten Jahres . . . . 20.000 st.
genehmigt werden;
cl) vom zehnten Jahre angefangen nur 1000 st.
In der lloraussetzung zehnjähriger Dauer dcs Laues würde er
demnach erhalten obige . 20.000 fl.,
für das zehnte Jahr 1.000 „
und auszerdcm ist ihm bereits für das Projcct der Preis
von 1000 Stück Ducaten in Gold im Werthe von circa 6.000 „
zugcflosscn, so dasz er für feine Mühewaltung im Ganzen
mit einem üctrnge von 27.000 st.
honorirt würde, was als dcn Umständen angemessen erachtet werden
dürste.
2. Die ünuhüttc und die übrigen Handwerksleute.
Die Honoiirung des Chefs der üauhiitte, Iofcph Kranncr, dürfte
aus folgenden Grundlagen zu ermitteln sein:
In Cöln besteht der bedeutendste Theil der Cinnahme des Werk-
meistcrs in den Gesellengroschen der Zteinmetzc.
Es arbeiten im Durchschnitte 220 Steinmetze, deren jeder von
seinem Tagesverdienste zwei Groschen für den Werkmeister abgibt.
Dies macht täglich ungefähr 23 st. C. M. Hiervon hat er das Werkzeug
beizuschnffen und in Stand zu erhalten, woraus mindestens 6 st., und
höchstens 10 st. verausgabt werden müssen.
Es bleiben daher als Mcistcrucrdicnst wcnigstcns 13, und
höchstens 17 st., was in 300 Arbeitstagen des Jahres wenigstens
3900 st., und höchstens 3100 st. ausmacht. Hierzu kommt noch der
Iahresgehalt von 300 Thalcrn odcr 1200 st., so dasz sich das
Gesammteinkommcn bei dcm Stande von 220 Steinmetzen auf 3100
bis 6300 st. C. M. beläuft, oder im Durchschnitte auf 8700 st.
Uor allem ist die Frage zu entscheiden, ob das System der
Gcscllcngroschcn ndovtirt wcrdcn soll. Es ist ohne Ziucifcl ein theures
Snstcm uud erhält sich in Cöln, weil es dort vom kleinen Anfange
an sich sort entwickelt hat. Es gibt dem Obermeister den Schein eines
AbhängigkeitLvcrhä!t»isscs bezüglich seines materiellen Interesses, da
z. 6. cin massenhafter Austritt dcr Gcscllcn scin Einkommen auf viele
Tage hin schmälern kann. Es versteht sich von selbst, dasz es im letzten
Grunde nicht von den GeseUcn gezahlt wird, denn ihre Löhne sind mit
M^ksicht darauf festgestellt. Dieses Einkommen ist ein schwankendes,
uud darum auch ein kostspieliges.
Die Votivkirche in Wien - Denkschrift des Baucomités
- Title
- Die Votivkirche in Wien - Denkschrift des Baucomités
- Author
- Moriz Thausing
- Publisher
- Verlag von R. v. Waldheim
- Location
- Wien
- Date
- 1879
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 25.0 x 33.2 cm
- Pages
- 148
- Keywords
- Kirche, Kunstgeschichte, Architektur
- Categories
- Geschichte Vor 1918