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Diskurse des Kalten Krieges - Eine andere österreichische Nachkriegsliteratur
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Page - 27 - in Diskurse des Kalten Krieges - Eine andere österreichische Nachkriegsliteratur

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sichts einer Reise durch Europa programmatisch verkündet hatte: „Ich habe keinen Eisernen Vorhang bemerkt.“24 Ein namenloser Ich-Erzähler beschreibt in Weigels Text seine Reise in die ungarische Volksrepublik. Diese ist ohne die Schwierigkeiten einer Grenzkontrolle möglich, ein Pass ist schnell ausgestellt. Im österreichischen Boulevardblatt Bild-Telegraf, der ebenso wie die Arbei- ter-Zeitung und die Salzburger Nachrichten ohne weiteres im fiktiven Ungarn erhältlich ist, liest er „halt leider immer noch diese verlogenen Hetzar- tikel über die angeblichen Zustände hinter dem sogenannten ‚Eisernen Vorhang‘: Da ich fast jeden Sonntag mit meinen amerikanischen Freunden an den Plattensee ba- den fahre, kenne ich die Gegend an der Grenze ganz genau. Ich sah zum Fenster hin- aus. Der gemeinsame Schlagbaum, den sie kürzlich zur Vereinfachung des Verfahrens statt der beiden bisherigen aufgestellt hatten, war erhoben. In beiden Richtungen zog ein ununterbrochener Strom von Autos mit Ausflüglern vorüber, ohne anzuhalten, man winkte einfach mit den Reisepapieren durch das Fenster […].“25 Einen anderen Grenzübertritt beschreibt der Ich-Erzähler des Romans The Self-Be- trayed (1954, dt. 1970)26 von Joseph Wechsberg, der Journalist Jacques Willert, der als amerikanischer Staatsbürger nach dem Zweiten Weltkrieg in seine Hei- matstadt, einer ehemaligen K.-u.-k.-Industriestadt in Mähren, zurückkehrt, um ehemalige, im Land verbliebene Freunde wiederzusehen und eine Reportage zu verfassen. Da das ganze Land nun unter kommunistischer Herrschaft und „ein Polizeistaat“ (ST 145) ist, gestaltet sich die Einreise zunächst schwierig: „Ich ver- suchte mehrmals, hinzufahren, doch teils durch Paßbeschränkungen und Schwie- rigkeiten mit dem Visum, teils durch die Bestimmungen, die für Reisen durch den Eisernen Vorhang galten, verstrich viel, viel Zeit, bis ich endlich die nötigen Papiere gesammelt hatte.“ (ebd.) Als in Willerts ehemaliger Heimatstadt ein Frie- densfestival veranstaltet wird, anlässlich dessen „[f]ür ein paar Wochen […] die Schranken“ hochgehen, dürfen auch „Menschen aus dem Westen“ (ebd.) einrei- sen. Von Paris aus fährt Willert gemeinsam mit zahlreichen Besuchern des Frie- densfestivals bis zur Grenze, die der Zug in den frühen Morgenstunden erreicht. Willert wirft einen genauen Blick auf die Grenze und deren Beschaffenheit: Der Zug fuhr langsamer. Im hellen Mondlicht konnte ich neben den Geleisen einen hölzernen Wachtturm sehen, auf dem Maschinengewehre und Suchschein- 24 Hans Weigel: In den Wind gesprochen. In: Bild-Telegraf, 9.7.1955, S.  4. 25 Ebd. 26 Joseph Wechsberg: Der Stalinist. Wien [u.a.]: Molden 1970. Der Roman erschien bereits 1954 in den USA unter dem Titel The Self-Betrayed [Im Folgenden als ST mit fortlaufender Seiten- zahl zitiert]. Der „Eiserne Vorhang“: Das Symbol des Kalten Krieges 27
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Diskurse des Kalten Krieges Eine andere österreichische Nachkriegsliteratur
Title
Diskurse des Kalten Krieges
Subtitle
Eine andere österreichische Nachkriegsliteratur
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2017
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20380-3
Size
15.9 x 24.0 cm
Pages
742
Categories
Geschichte Nach 1918
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