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Es rissen alle Stricke – doch wir überlebten - Episoden aus der Kriegs und Nachkriegszeit in Wien in einer nicht streng chronologischen Abfolge
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49 lipphof vorbei und der süßliche Verwesungsgeruch der Leichen lag wochen- lang in den umliegenden Gassen. In der Folge dieser Bombenangriffe auf die Wiener Innenstadt wurde auch das Stammgebäude der Firma Gebrüder Böhler & Co. in der Elisabethstraße 12, in unmittelbarer Nähe des Luftgaukommandos, schwer getroffen. Eine ers- te Welle von Sprengbomben „öffnete“ das Haus und bot den nachfolgenden Brandbomben reichlich „Nahrung“. Die Männer der herbeigerückten Feuer- wehr waren aber zusätzlich den Gefahren durch Tiefflieger ausgesetzt, die immer wieder Attacken flogen und die Männer unter Beschuss nahmen. Trotz des mutigen Einsatzes der Feuerwehr und der intensiven Brandbekämpfung – ein Löschteich war in unmittelbarer Nähe vor dem Schiller-Denkmal – brannte das Gebäude bis auf die Grundmauern nieder. Die Tieffliegerangriffe waren oft zermürbender als die Bombenangriffe selbst, da man hilflos zusehen musste, wie die eigene Wohnung in Flammen aufging und das gesamte Hab und Gut vernichtet wurde. Für mich hinterließ eine männliche Leiche, deren Brustkorb von einem Maschinengewehr durchschos- sen worden war und die tagelang unbedeckt auf der Straße lag, einen sehr beklemmenden Eindruck. Oft erst nach Tagen konnten die in den Häusern und auf der Straße liegenden Leichen in einem Papiersack abtransportiert werden. Die Nachrichtensendungen im Radio wurden immer mit der Luftlagemeldung eingeleitet. Diese lautete (soweit ich mit erinnern kann) zuerst: „Das Reichs- gebiet ist feindfrei“, später: „Über dem Reichsgebiet befindet sich kein feind- liches Flugzeug“, und schließlich: „Über dem Reichsgebiet befindet sich kein feindlicher Kampfverband.“ Mein Vater war der Luftschutzwart für unser Haus wie auch für das Nachbar- haus in der Paulanergasse. Wir mussten daher die Anweisungen, die auf immer schlechterem Papier hektographiert waren, an alle Bewohner austragen und diese den Empfang bestätigen lassen. Dadurch kannten wir im Laufe der Zeit nicht nur alle Hausbewohner, sondern auch ihre Arbeitszeiten und wann sie am ehesten daheim waren oder nicht, kurzum das genaue Kommen und Gehen. Rückblickend kann ich sagen, dass man sich zu keiner anderen Zeit vorher oder nachher so gut kannte wie zu dieser Zeit, denn man traf sich auf der Straße beim Anstellen um Lebensmittel, im Luftschutzkeller und später in der ersten Nachkriegszeit die Frauen und Kinder in unserer Wohnung zum Übernachten.
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Es rissen alle Stricke – doch wir überlebten Episoden aus der Kriegs und Nachkriegszeit in Wien in einer nicht streng chronologischen Abfolge
Title
Es rissen alle Stricke – doch wir überlebten
Subtitle
Episoden aus der Kriegs und Nachkriegszeit in Wien in einer nicht streng chronologischen Abfolge
Author
Othmar Nestroy
Editor
Technischen Universität Graz
Publisher
Verlag der Technischen Universität Graz
Location
Graz
Date
2020
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-85125-741-0
Size
20.0 x 25.0 cm
Pages
120
Categories
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Table of contents

  1. Einstimmung 8
  2. Einleitung 11
  3. Politische Propaganda 13
  4. Spiel und Sport 19
  5. Der Krieg wird spürbar 23
  6. Die großen Wendepunkte: Der Fall von Stalingrad und von Monte Cassino, die Landung in der Normandie und das Hitler-Attentat 29
  7. Privater und öffentlicher Verkehr 32
  8. Die ersten Bomben fallen auf die Innenstadt 41
  9. Der totale Krieg beginnt 47
  10. Die Front rückt näher 57
  11. Die Soldaten der Roten Armee erobern Wien 61
  12. Das Leben normalisiert sich und der Wiederaufbau beginnt 75
  13. Das lange Warten auf den Staatsvertrag 89
  14. Nachklang 93
  15. Persönliche Schicksale am Rande des Krieges 97
  16. Ausklang 115
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