Page - 49 - in Nikolaus II. Esterházy und die Kunst - Biografie eines manischen Sammlers
Image of the Page - 49 -
Text of the Page - 49 -
Erwachsensein am Epochenumbruch 49
phiert (Esterházy Privatstiftung, Schloss Eisen-
stadt, Fürstliche Bibliothek, LE-372).
129 So zum Beispiel Nikolaus’ Vetter Valentin
Esterházy (1740–1805), der als enger Vertrauter
von Königin Marie Antoinette in Petersburg,
London und Wien mithilfe der europäischen
Regenten Rettung herbeizuführen versuchte
und der auch an dem verhängnisvollen Flucht-
versuch beteiligt war (vgl. Daudet 1905). Maria
Hermenegildes Schwester Leopoldine (1754–
1823) war 1790 in Paris und berichtete in
Briefen ausführlich von den Ereignissen, die die
aristokratische Welt Europas in ihren Grund-
festen erschüttern sollten (vgl. Leopoldine Gewohnheiten der höfischen Prachtdarstellung lag zum einen in einem Verdrän-
gungseffekt – man wollte die revolutionäre Zeitenwende nicht wahrhaben –, zum
anderen in der bewussten, deutlichen und unbedingten Machtdemonstration einer
Oberschicht, die sich in gelebten Kontinuitäten gefestigt zeigte und damit den Ein-
druck von revolutionärer Umsturzzeit bei den unteren Schichten verwischen wollte.
Mit der Darstellung der schon in der Prinzenerziehung vermittelten kulturellen
Dominanz und ständischen Autorität versuchte sich der Adel den Umbrüchen ent-
gegenzustellen, indem er innere Stärke und Stabilität demonstrierte. Kleine Korrek-
turen am ästhetischen Außenbild, wie die Verlegung der Residenz aus dem riesigen
Rokokoschloss, zeitgenössische Stilformen oder die Verkleinerung des Hofstaates,
spiegelten Modernität und Offenheit vor, ohne das bestehende System und seinen
ständisch geordneten Kosmos infrage zu stellen. Mit Drohgebärden oder Militär-
gewalt konnte adelige Herrschaft auf Dauer nicht aufrechterhalten werden, wie
Frankreich gezeigt hatte.
In dieser Mischung aus sozialisiertem Imponiergehabe, ererbter kultureller Do-
minanz und ständischer Autorität waren die militärischen Zeremonialauftritte na-
Installationsfeierlichkeiten von Fürst Anton
Esterházy als Obergespan von Ödenburg am
2. August 1791, Kupferstich von J. Berkeny nach Szábo
und Carl Schütz (1745–1800), 1791. Ungarisches
Nationalmuseum Budapest, Grafische Sammlung.
Nikolaus II. Esterházy und die Kunst
Biografie eines manischen Sammlers
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Nikolaus II. Esterházy und die Kunst
- Subtitle
- Biografie eines manischen Sammlers
- Author
- Stefan Körner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2013
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 2.0
- ISBN
- 978-3-205-78922-2
- Size
- 23.0 x 28.0 cm
- Pages
- 404
- Category
- Kunst und Kultur