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GEBOREN ZUM
PRESTIGEVERBRAUCH54 153 Vgl. Titre Obligatoire über 60.000 Gulden,
1.
März 1818, in : MOL, FAE, P163, Fasz. 53.;
Herabsetzung der Leibrente, 13. März 1834, in :
MOL, FAE, P163, Fasz. 36.
154 Abschaffung der Mätresse Cäcilia Smidt-
Saevoet auf Antrag des Fürsten Anton, 12. De-
zember 1793, in : ÖStA, AVA, Polizeihofstelle,
Pergen-Akten IX, 1793, B18, H6 und H7.
155 Vgl. Abschaffung der Mätresse Cäcilia Smidt-
Saevoet auf Antrag des Fürsten Anton, 7. De-
zember 1793 – 3. Januar 1794, in : ÖStA, AVA,
Polizeihofstelle, Pergen-Akten IX, 1793, B18,
H6 und H7.
156 Abschaffung der Mätresse Olivia Raimondi
(Livia), 31. Juli – 8. August 1794, in : ÖStA,
AVA, Polizeihofstelle, Pergen-Akten IX, 1794,
B15, H5. Zur Raimondi vgl. Wandruszka 1965,
S. 164–172. Vielleicht hatte Nikolaus sie auf
seiner Italientour kennengelernt, auf der er den
Jahreswechsel 1785/86 in Florenz zubrachte. In
dieser Zeit machte sie die Bekanntschaft mit
Leopold, damals Großherzog von Toskana.
Der Erbprinz stattete z. B. seine Geliebte Cecile Philippine Smidt-Savoet (nach-
weisbar 1791–1834)153 so stattlich aus und bewegte sich so ungeniert mit ihr in
der Öffentlichkeit, dass sie »eine wahre Geißel für die Familie wird«154 und auf
väterlichen Wunsch und kaiserlichen Befehl aus Wien vertrieben wurde155. Denn
Nikolaus geriet dabei zusehends in Konflikt mit den sich wandelnden Moralbe-
griffen, die um 1790 das Laster der Wollust verteufelten. In seiner ignoranten Un-
bekümmertheit drang der anscheinend feurige Liebhaber Nikolaus sogar in die
kaiserliche Tabuzone ein, als er die Mätresse von Kaiser Leopold II., Olivia Rai-
mondi, nach dessen Tod »übernahm«156. Es folgten im Laufe des Lebens von Fürst
Nikolaus II. fast 100 Mä tressen, Geliebte, Freundinnen, Lebensgefährtinnen und
unzüchtige Bekanntschaften. Sie entstammten allen Alters- und Standesgruppen,
von der Gattin seines Schlossverwalters bis zur Gräfin, und waren sowohl Kurz- als
auch Langzeitbeziehungen. Doch mit dem Erstarken von bürgerlich-christlichen
Moralvorstellungen, wie der ehelichen Monogamie, geriet Nikolaus gerade in der
Zeit nach dem Ancien Régime in Verruf, weil er die von den Väter sozialisierten
Prestigegesten, wie Verschwendung und die Erotomanie, in der Öffentlichkeit wei-
ter zelebrierte und inszenierte.
Denn im Kern waren die drei Generationen Esterházy – von Nikolaus I. an –
auch nach 1789 im festen Glauben, dass je länger die Familie sich zurückverfolgen
Nikolaus II. Esterházy und die Kunst
Biografie eines manischen Sammlers
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Nikolaus II. Esterházy und die Kunst
- Subtitle
- Biografie eines manischen Sammlers
- Author
- Stefan Körner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2013
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 2.0
- ISBN
- 978-3-205-78922-2
- Size
- 23.0 x 28.0 cm
- Pages
- 404
- Category
- Kunst und Kultur