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Als Sammler und Kunstförderer vielgestaltig, aber systematisch 103
193 James I. Armstrong, der große Kenner der
Sammlung von Kirchenmusik, vermutet, dass
es sich vielleicht um die Missa Solemnis ex D
von Johann Chrysostomus Drexel (1758–1801)
gehandelt haben könnte, die vor 1804 in die
Kirchenmusiksammlung des Fürsten Nikolaus
gelangte (EPA, Kirchenmusikarchiv, KIR184).
Drexel war seit 1797 Kapellmeister in Augsburg
und hatte mit Michael Haydn in Salzburg
studiert.
194 Vgl. Lamkin 2007.
195 Es wird in Zusammenhang mit der Aufführung
von Feuerwerk, Sängern des Nationaltheaters
und sehr hohen Kosten berichtet (vgl. Pohl/
Botsiber 1927, S.
100). der Vermählung des ungarischen Palatins mit Großfürstin Alexandra Pawlowna
(1783–1801) im Januar 1800 im Majoratspalais in Anwesenheit der Großfürsten
Constantin und Alexander aufführen ließ193.
7. Als Sammler und Kunstförderer vielgestaltig, aber systematisch
So wie Nikolaus es nicht versäumte, von seiner diplomatischen Mission nach Augs-
burg 1799 eine Messe für seine Hofmusikkapelle mitzubringen, so wie er in Rom
und Neapel 1794/95 Händler, Gelehrte und Sammler hinzuzog, um Kunstobjekte
zu erwerben, so konsequent und gründlich stellte er seine Kunstsammlungen zu-
sammen. Auch inszenierte und installierte er sein Hofleben mit Oper, Harmonie-
musik, Theater und Kirchenmusik in Eisenstadt und Wien.
Sofort nach seinem Regierungsantritt 1794 unternahm er die nötigen Schritte
zur Gründung und Ausstattung seines Hofes mit Kunst, Sammlungen, Musik- und
Festkultur. Hierbei wirkte er nicht als »fürstlicher Dilettant«, wie es noch sein
Großvater war, sondern als durchsetzungsstarker Motor und wohlausgestatteter
Finanzier, der für die hohe Qualität seiner Sammlungen und Hofhaltung meist
Experten hinzuzog.
Immer wieder bewies Nikolaus II. dabei, dass er mit der weitreichenden Bedeu-
tung der Kulturformen Theater, Musik und Sammlungen als Inszenierung eines
Gesellschafts- und Staatstheaters sozialisiert worden war.
7.1 Musikpflege
Zu Nikolaus’ Verständnis höfischen Lebens und Repräsentierens gehörte die Pflege
der Musik, so wie er es in seiner Kindheit am Hof seines Großvaters in Eszterház
kennengelernt hatte. Entsprechend knüpfte er an die lange Musiktradition der Fa-
milie und an die hochkarätige Musikpflege seines Großvaters in Eszterház an, mit
der dieser dreißig Jahre davor eindrucksvoll seine Macht in der Statuskonkurrenz
und mit der Förderung Joseph Haydns auch seinen Musikverstand bewiesen hatte.
Es war eine der ersten Amtshandlungen des neuen Fürsten Nikolaus, Kontakt zu
Joseph Haydn in London aufzunehmen. Dieser, der noch immer Stand und Titel
eines fürstlich-esterházyschen Kapellmeisters führte, war in zwei Englandaufent-
halten zu einem der bedeutendsten und meistumjubelten Komponisten Europas
aufgestiegen und wurde nun wieder für die Arbeit in der Hofkapelle gewonnen.
Im August 1795, Nikolaus war gerade aus Italien zurückgekehrt, kam Haydn auf
Ruf seines Dienstgebers zurück nach Wien und Eisenstadt, wo der Grandseigneur
ihn jedoch nur in geringem Maße wirklich in den musikalischen Alltag einspannte.
Stattdessen war Luigi Tomasini (1741–1808) als Konzertmeister für Kammermusik
am Esterházy-Hof zuständig194. Einzig bei wichtigen festlichen Anlässen im Wie-
ner Majoratspalais oder in Eisenstadt forderte der Fürst die publikumswirksame
Anwesenheit seines berühmten Kapellmeisters und Doyens der Wiener Klassik.
Dieser war für seinen vierten Esterházy-Dienstgeber sozusagen »Prestigegewinn
an sich«.
Am 4. Januar 1796 gab Haydn sein Rückkehr-Debüt und führte Antonio Drag-
his Barockoper Penelope im Palais in der Wallnerstraße auf 195, was kein besonders
Nikolaus II. Esterházy und die Kunst
Biografie eines manischen Sammlers
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Nikolaus II. Esterházy und die Kunst
- Subtitle
- Biografie eines manischen Sammlers
- Author
- Stefan Körner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2013
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 2.0
- ISBN
- 978-3-205-78922-2
- Size
- 23.0 x 28.0 cm
- Pages
- 404
- Category
- Kunst und Kultur