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Mittlers“40, soderKulturhistorikerMatthiasMiddell.DieBlütephaseprivaterVer-
mittlungstätigkeit findetüblicherweisedannstatt,wennsichdieoffiziellenKon-
takte „auf einem Tiefpunkt“41 befinden, was zwischen 1945 und 1955 nicht
gegeben ist.VielmehrstehendurchdieBesatzungssituationvielederSchlĂĽsselfi-
guren (RedakteurInnen, PublizistInnen, JournalistInnen, SprachlehrerInnen,
SchriftstellerInnen, ĂśbersetzerInnen, WissenschaftlerInnen, HochschullehrerIn-
nen, PhilosophInnen, KritikerInnen, Intellektuelle, KorrespondentInnen), die
„eine entscheidende Schrittmacherfunktion“42 im Transfergeschehen haben, in
losem oder engem Kontakt zu den französischen Alliierten. Da sie für besat-
zungsgesteuerteMedien (Presse, Feuilleton, Fachpublikationen, Zeitungen, Zeit-
schriften, Radio, Theaterbetrieb, Schulen, Universitäten, außeruniversitäre
Institute, Bibliotheken, LeihbĂĽchereien, Buchhandel, Verlage) arbeiten, ist in
den Besatzungsjahren Transfer- zugleich auch Institutionengeschichte. Neben
denvermitteltenBegegnungen–durchSartres feldübergreifendesTunundseine
intensiveMediennutzung istderErtraghierhoch–gibt esbrieflichundautobio-
graphischverbĂĽrgtedirekteKontakte (Sartres, Beauvoirs,Marcels undMouniers
Österreich-AufenthaltesowieBerichteösterreichischerAutorInnenausParis),die
als Rezeptionszeugnisse einbezogenwerden. Bei derKlassifizierungvonMittler-
Innentätigkeiten sieht KatjaMarmetschke drei verschiedene, durch individuelle
Prädispositionen und soziokulturelle Konstituierungsbedingungen bestimmte
modioperandi:
ErstenskannsicheinMittler alsAutorbetätigen,der InformationenüberdasandereLand
sammeltundzuumfassendenDeutungsentwĂĽrfenverarbeitet.ZweitenskanneralsOrgani-
sator auftreten und transnationale Begegnungsagenturen oder Zeitschriften ins Leben
rufen.DrittenskanneralsMultiplikatorwirken,der sichz.B.als JournalistoderLehrender
fĂĽrdievertiefteKenntnisdesNachbarnunddamitdasProjekt interkulturellenLernensund
Handelnseinsetzt.DiesedreiEntfaltungsformendesMittlerengagements (d.h.die intellek-
tuell-deutende, die praktisch-organisatorische und die pädagogisch-vermittelnde) werden
zwar aufgrund individuell unterschiedlich ausgeprägter Begabungen und Kompetenzen
selten inPersonalunionausgeübt, aber sie sindgleichermaßenwichtigeSäulen fürdasGe-
lingengrenzĂĽberschreitenderKommunikationaufgesellschaftlicherEbene.43
40 MatthiasMiddell:KulturtransferundWeltgeschichte.EineBrĂĽckezwischenPositionenum
1900 und Debatten am Ende des 20. Jahrhunderts. In: Mitterbauer und Scherke (Hg.): Ent-
grenzteRäume.KulturelleTransfersum1900und inderGegenwart. (StudienzurModerne22.)
Wien2005,S.43–73,hierS.61.
41 Katja Marmetschke: Mittlerstudien – Einleitung. In: Lendemains 37 (2012), Nr. 146/147,
S.10–17,hierS.12.
42 Marmetschke:Mittlerstudien–Einleitung,S. 10.
43 Marmetschke:Mittlerstudien–Einleitung,S. 11.
18 2 DerExistentialismusalsGegenstandderKulturtransferforschung
Existentialismus in Ă–sterreich
Kultureller Transfer und literarische Resonanz
- Title
- Existentialismus in Ă–sterreich
- Subtitle
- Kultureller Transfer und literarische Resonanz
- Author
- Juliane Werner
- Publisher
- De Gruyter Open Ltd
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-068306-6
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 378
- Category
- Kunst und Kultur