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parcequ’elleneconsidéraitpas l’Autrichecommeunpionsurunéchiquier straté-
giqueoucommeunesourcedebénéficeséventuels.“13)ManwolleÖsterreichseine
kulturelle Identität zurückgeben,wobei Geist undKultur Frankreichs als Vorbild
nichtaufoktroyiert, sondernfreiangebotenundfreiakzeptiert („librementoffertes,
librementacceptées“14)seinsollen;diefranzösischeHaltungentbehre jedesPropa-
gandagedankens.Statt vonOkkupation istvonPräsenzundZusammenarbeit, von
Österreich als Freundesland („pays ami“) die Rede, weshalb die Besatzungsitua-
tion bisweilen paradox anmutet. Ganz uneigennützigwirkt die französische Kul-
turpolitik allerdings insofern nicht, als sie eingestandenermaĂźen zeitlich und
räumlichnureinenAusgangspunktdarstellensoll; schondie imSommer1945von
der Militärregierung veröffentlichte Broschüre „Pourquoi la France est-elle en
Autriche?“ zielt mittels Aufbau einer soliden Freundschaft auf den Fortbestand
eines vielfältigenkulturellenAustauschsauchnachAbzugderTruppenundüber
Grenzenhinaus:AusĂ–sterreich sollenichtweniger als derMittler der kulturellen
AusstrahlungFrankreichsfürganzMittel-undOsteuropawerden(„lerelaisduray-
onnementculturel françaispour tout lecentreet l’estde l’Europe“15).Die tatsächli-
chen Ergebnisse der MaĂźnahmen bleiben hinter diesen Absichten zurĂĽck, unter
anderem, weil laut Hochkommissariat in Frankreich selbst kein Bewusstsein fĂĽr
dieBesatzungssituationbestehe:
Die französischeöffentlicheMeinungneigt imAllgemeinendazu,diePräsenzFrankreichs
in Österreich zu ignorieren. Bei vielen unserer Landsleute rufen dieWorte französische
BesatzungnurGedanken andas linke Rheinufer, anBaden, anWĂĽrttemberg hervor. Ei-
nige von ihnen erinnern sich zudemdaran, dass in Berlin noch ein Viermächtekomitee
existiert, in dem ein Regierungsvertreter der Republik einen Sitz hat. AberWien, Tirol,
Vorarlberg,wie viele Franzosenwissen–und erinnern sich gelegentlich– , dass Frank-
reichdortnochpräsent ist?16
(L’opinionpublique française a généralement tendanceà ignorer laprésencede laFrance
enAutriche.Pourbeaucoupdenoscompatriotes, lesmotsd’occupationfrançaiseévoquent
uniquement les idéesderivegaucheduRhin,deBade,deWürtemberg [!].Quelques-unsse
souviennent, deplus, qu’il existe encoreunComitéQuadripartite à Berlin, où siègeun re-
présentant dugouvernement de laRépublique.MaisVienne, le Tyrol, leVorarlberg, com-
biendeFrançaissavent–etserappellentparfois–quelà encore laFranceestprésente?)17
13 HautCommissariat:DeuxAnsetdemideprésence françaiseenAutriche,S. I.
14 Cf.HautCommissariat:DeuxAnsetdemideprésence françaiseenAutriche,S.82.Cf.auch
Jacques Le Rider: Verselbstständigung einesWunschbildes? Der französische Beitrag zur Be-
stimmung der kulturellen Identität Österreichs. In: Angerer und Le Rider (Hg.): Französisch-
österreichischeKulturtransfersseit 1945,S. 25–40.
15 HautCommissariat:DeuxAnsetdemideprésence françaiseenAutriche,S.36.
16 HautCommissariat:DeuxAnsetdemideprésencefrançaiseenAutriche,S. I. [Übers.d.Verf.]
17 HautCommissariat:DeuxAnsetdemideprésence françaiseenAutriche,S. I.
64 4 FranzösischeKulturpolitikundersteExistentialismus-Begegnungen
Existentialismus in Ă–sterreich
Kultureller Transfer und literarische Resonanz
- Title
- Existentialismus in Ă–sterreich
- Subtitle
- Kultureller Transfer und literarische Resonanz
- Author
- Juliane Werner
- Publisher
- De Gruyter Open Ltd
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-068306-6
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 378
- Category
- Kunst und Kultur