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Von besonderer Bedeutung als Vermittlungsinstanzen sind die beiden unter
die wissenschaftliche Leitung der Pariser Universität Sorbonne gestellten Kultur-
institute,das InstitutFrançaisd’Innsbruck,eröffnetam8. Juli 1946,unddas Insti-
tut Français de Vienne, wiedereröffnet am 10. November 1947. Sie dienen als
„offiziellesOrganzurEntwicklungderkulturellenBeziehungenzwischendenbei-
denLändern“39,mit demprimärenAuftrag, dieVerbreitungdesFranzösischen in
Ă–sterreichvoranzutreiben.Aufdas jungeundintellektuellePublikumĂĽbendiezu-
gehörigen Institutsbibliotheken „große Anziehungskraft“40 aus. In Wien stehen
1947lautInstitutsangaben„behaglicheLesesälesowieeinereichausgestatteteBib-
liothekmit 15.000Bänden, die durch Sendungen aus Frankreich immer auf dem
neuestenStandgehaltenwird“41, bereit,wobei sichbesondersdieZeitschriftLes
Tempsmodernes,„dasHerzunddieSeeledesExistenzialismus“42,Beliebtheiter-
freut. Entgegender vorgegebenen Linie der Kulturpolitik ĂĽberrascht dasVeran-
staltungsprogramm der Institute, das zahlreiche Literatur-Vorträge teils in
französischer, teils in deutscher Sprache (unter anderem zu Claudel, Bourget,
Balzac, Anouilh, Valéry, Gide, Prévert, Malraux, Zola, Cocteau, Colette, Péguy
undRimbaud)anbietet,mitderwiederkehrendenThematisierungdesExistentia-
lismus, im Innsbrucker Institut etwa von Paulus Lenz Medoc aus Lyon („Die
Frage der Existenz im französischen Theater der Gegenwart“, 21.06.1948), von
SartresMitstudierendemMaurice de Gandillac aus Paris („Geistige Strömungen
imheutigenFrankreich“, 22.10.1948),vomPariserEsprit-HerausgeberEmmanuel
Mounier („Marxismus, Existenzialismus, Personalismus“, 01.02.1949), von Jean
SimonausLille („DieUSA imSpiegeldes französischenRomansvonPaulBour-
get bis Jean Paul Sartre“, 22.02.1949) und vom InstitutsdirektorMaurice Besset
(„Jean-Paul Sartre alsDramatiker“, 29.09.1950).43DieHerkunft all dieserVortra-
39 KulturabkommenzwischenderRepublikÖsterreichundderFranzösischenRepublik,Bun-
desgesetzblatt für die Republik Österreich, ausgegeben am 2. Oktober 1947, S. 911–918, hier
S. 912. https://www.ris.bka.gv.at/ (einges. 09.01.2019). Cf. dazu Barbara Porpaczy: Von der
Selbstdarstellung zumKulturaustausch. Die französischen Kulturinstitute inWien und Inns-
bruck. In: Angerer und Le Rider (Hg.): Französisch-österreichische Kulturtransfers seit 1945,
S. 119–136.Cf.auchAlexandraLadner:LiterarischeAktivitätendes InstitutFrançais Innsbruck
1946–60. Innsbruck:Universität Innsbruck,Dipl.-Arb. 1999.
40 Norbert Bachleitner, FranzM. Eybl undErnst Fischer: Geschichte desBuchhandels inĂ–s-
terreich. (GeschichtedesBuchhandels6.)Wiesbaden2000,S.331.
41 o.V.:Das InstitutFrançais. In:Kulturelles, 14.10.1947.
42 S.:Revuesfrançaises.KleinerWegweiser. In:WienerRevue2(1946),Nr. 11,S. 10–11,hierS.11.
43 Nachdemesneun Jahre ruhigumSartrewird (währendsichdasAngebot zuAlbertCamus
verdichtet), bedingt durch dieUngnade, in die erwegen seiner Annäherung andenKommu-
nismus fällt (cf.Kap.8.2), setzensichdieVorträgeabAndréEspiaude laMaëstres„Sartreund
die Freiheit“ im Juni 1959 fort. Eine Listemit allen Institutsvorträgen liefert Porpaczy: Frank-
70 4 FranzösischeKulturpolitikundersteExistentialismus-Begegnungen
Existentialismus in Ă–sterreich
Kultureller Transfer und literarische Resonanz
- Title
- Existentialismus in Ă–sterreich
- Subtitle
- Kultureller Transfer und literarische Resonanz
- Author
- Juliane Werner
- Publisher
- De Gruyter Open Ltd
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-068306-6
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 378
- Category
- Kunst und Kultur