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Existentialismus in Ă–sterreich - Kultureller Transfer und literarische Resonanz
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deshalb,weil er Schriftsteller ist, sondern vielmehr,weil erMensch ist. ErmußdieseVer- antwortlichkeit lebenundwollen […]. Für ihn geht es nicht darumzuwissen, ob er einen neuen literarischen „-ismus“ insLeben ruft, sonderndarum, sich inderGegenwart zubin- den.Nicht eine ferne Zukunft vorauszusehen, vonder aus er sichnachträglich beurteilen kann,sondernvoneinemTagzumanderndieunmittelbareZukunftanzustreben.260 (Sansdoute l’œuvreécriteestunfaitsocialet l’écrivainavantmêmequedeprendre laplume doitenêtreprofondémentconvaincu. Il faut, eneffet,qu’il sepénètredesaresponsabilité. Il est responsable de tout: des guerres perdues ou gagnées, des révoltes et des répressions; il est complicedesoppresseurss’iln’estpas l’alliénatureldesopprimés.Maisnonpoint seule- mentparcequ’il est écrivain:parcequ’il esthomme.Cette responsabilité il doit lavivreet la vouloir […]. Il ne s’agit paspour lui de savoir s’il vadéterminerunmouvement littéraire en „isme“,maisdes’engagerdans leprésent.Nondeprévoirunaveniréloignéd’où il sepuisse jugeraprèscoup,maisdevouloiraujour le jour l’avenirprochain.)261 Durch den Druck des Krieges plötzlich situiert („brusquement situé“), hätten die AutorInnen die eigene Geschichtlichkeit erfahren und könnten nur mehr ausder Subjektivität ihrerGegenwart herausLiteratur verfassen; in allem,was sie schrieben, mache sich ein geschichtlicher Beigeschmack („un goût d’his- toire“262) bemerkbar. Sich über den Zeitlauf zu erhebenundGeschehnisse aus derVogelperspektivezubeurteilen, jenesbei früherenSchriftstellerInnensobe- liebteÜberfliegen („survol“263), sei damit verunmöglicht.Vielmehrherrscht, so GabrielMarcel in seinemNachwort zuPaul-AndréLesortsRomanAufHerzund Nieren,der 1955 inGrazbeiStyriaerscheint, inzwischen eineAbneigunggegeneineTechnik, diebeimSchriftsteller dasunbegreiflicheVermögen voraussetzt, über seinen Geschöpfen zu schweben und uns von dem, was sie sind und was ihnenzustößt, eineGesamtschauzugeben. ImwirklichenLeben ist siekeinemgege- benundkannkeinemgegebensein.264 Diese Abneigung ist auch bei österreichischen LiteratInnen und Literaturkriti- kerInnen auszumachen, etwa bei Eva Priester, die 1946 in „Die Aufgaben der österreichischenLiteratur“ (vor)gestrigeWerkebeanstandet, dieunter dempo- litisch legitimiertenMotto„Schnellvergessen!“denBuchmarktdominieren: 260 Sartre:DieNationalisierungderLiteratur,S. 180f. (Hervorhebung imOriginal). 261 Sartre:LaNationalisationde la littérature,S. 51 (Hervorhebung imOriginal). 262 Sartre:Qu’est-ceque la littérature?,S. 213 (Hervorhebung imOriginal), 214. 263 Sartre:Qu’est-ceque la littérature?,S. 213. 264 GabrielMarcel:Nachwort. In:PaulAndreLesort:AufHerzundNieren.Graz 1955,S. 555– 561, hier S. 556. Die Übereinstimmungdes katholischenRomanciersmit den ExistentialistIn- nen führt Marcel auf die historischen Umstände zurück, da Lesort „diese Gedanken in der Kriegsgefangenschaft ausarbeitete, also zu einer Zeit, da er von denWerken der Existentia- listennochkeineKenntnishabenkonnte.“ 6.4 LittératureengagéezwischenSprachskepsisundEngagement 197
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Existentialismus in Ă–sterreich Kultureller Transfer und literarische Resonanz
Title
Existentialismus in Ă–sterreich
Subtitle
Kultureller Transfer und literarische Resonanz
Author
Juliane Werner
Publisher
De Gruyter Open Ltd
Date
2021
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-11-068306-6
Size
15.5 x 23.0 cm
Pages
378
Category
Kunst und Kultur
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