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Existentialismus in Österreich - Kultureller Transfer und literarische Resonanz
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so Mayer, kennt die deutschsprachige Tradition keine vergleichbare „Verbin- dung von geistigemGlanz undpolitischerMacht“wie die französische, in der PhilosophInnenundSchriftstellerInnenFigurenderÖffentlichkeit seien: Kein Voltaire als öffentlicher Ankläger im Namen des Geistes, kein Victor Hugo, der schließlichdenKampfgewinntgegendenkläglichen ‚kleinen‘Napoleon.KeinEmileZola undAnatoleFrance,bekanntausderDreyfus-Affäre,derdiePrinzipiengeistigerRedlich- keit in irgendeiner deutschen politischenAffäre hätte durchsetzen können. ‚Onn’arrête pas Voltaire‘, hatte der General und Präsident Charles de Gaulle geäußert, alsman ihm vorschlug, denungebärdigenSchriftsteller Jean-Paul Sartre abzuholenund festzusetzen, der auf offener Straße eine verbotene politische Kampfschrift verteilte, von der er über- diesnochoffenerklären ließ,er seimitdemInhaltdieserSchriftnichteinverstanden.10 Stellt Sartre sogar in der politisch geprägten Kultur Frankreichs eine Novität dar als „the first philosopher inhistory tobeheavilypublicizedby thepopular massmedia“11,mussseinScheinwerfer-AuftretenalsPhilosoph,Literatundpo- litischer Aktivist aus österreichischer Sicht umso befremdlicherwirken. Derart unterschiedlicheVorannahmendesAufnahme- unddes Zielkontexts erzeugen imTransfergeschehenWiderstände,daeinzelneKulturbereicheverschiedenge- wichtetwerdenundeinenanderen„Statuswert imGesamtgefügeder jeweiligen Kultur“12 einnehmen. Was den Fall komplexer macht, ist, dass Sartres tätig- keitsübergreifendesVerhalten zuvorgetrennteFelder zueinemMetafeldvereint, zudemes inÖsterreichkeinÄquivalent gibt,was sichaufdieAufnahmeseines Schaffens in den einzelnen Feldern erheblich auswirkt. Er konstituiert (unddo- miniert) ein Theater, Literatur undPhilosophieumfassendes intellektuelles Feld ohneGrenzen(„champintellectuelsans frontièrequ’ildominaitcomplètement“), undbringt sichmit demdarin gesammeltenKapital („toutes ces autorités et ces compétences réunisensapersonne“13) sodannindiepolitischenKämpfederZeit 10 Mayer:GelebteLiteratur,S.73. 11 Collins:TheSociologyofPhilosophies,S.764f. 12Werner:DissymmetrienundsymmetrischeModellbildungen inder Forschung zumKultur- transfer,S.97. 13 Bourdieu:LeFonctionnementduchamp intellectuel, S. 14. Sartre, indessenZeitschriftLes TempsmodernesBourdieus früheAusführungenerscheinen (Champintellectuel etprojet créa- teur. In: Les Tempsmodernes 1966, Nr. 246 [November], S.865–906), argumentiert, was sein Intellektuellen-Bildangeht, feldtheoretischavant la lettre: „Ursprünglich sinddie Intellektuel- len also eine Vielzahl vonMenschen, die einen gewissenRuhmerworben haben aufgrund von Arbeiten,dieauf Intelligenzberuhen(exakteWissenschaften,angewandteWissenschaften,Medi- zin,Literaturetc.),unddiesenRuhmmißbrauchen,umihreDomänezuverlassenunddieGesell- schaftunddiebestehendeOrdnungnamenseinerglobalen,dogmatischen (vagenoderpräzisen, moralistischenodermarxistischen)Auffassung vomMenschen zukritisieren.“ („Originellement, 7.1 Wegedes Intellektuellen.SartrezwischendenDisziplinen 233
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Existentialismus in Österreich Kultureller Transfer und literarische Resonanz
Title
Existentialismus in Österreich
Subtitle
Kultureller Transfer und literarische Resonanz
Author
Juliane Werner
Publisher
De Gruyter Open Ltd
Date
2021
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-11-068306-6
Size
15.5 x 23.0 cm
Pages
378
Category
Kunst und Kultur
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