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Eshandelt sichhierbeinichtzufälligumeinhellige Ignoranz, sondernumeinege-
schlossen befolgte Doppelmaßnahme aus „Diffamierung und Boykott“87. Die Re-
gierung– eine in ihremAntikommunismus als „einigendes Band“88 verbundene
GroßeKoalitionausÖVP(ÖsterreichischeVolkspartei)undSPÖ(SozialistischePar-
teiÖsterreichs)–hält dieMedienviaMitteilungendesBundespressedienstes zum
Schweigen über den als reine Propagandaveranstaltung ausgegebenen Kongress
an.89 Erwird imVorfeld diskreditiert und danach geflissentlich übersehen, ganz
imEinklangmitdem„UnitedStatesViewonTreatingtheCongress“:
During the firstphaseAmerican information facilitieswill beexerted tode-bunk theCon-
gressassterile,hypocritical, a typicalCommunisteffortdesignedtoadvanceSoviet impe-
rialistaims.TheCongresswillbedubbed ‚schwindelfriedenskonferenz‘.Greatcarewillbe
takennot tooverdodenunciation; the tone adoptedwill be cool and ironical. […] During
the sessions of theCongressAmericannews facilitieswill completely ignore it. […] Plans
for action after the Congress are still fluid. If any of the Communist themespromoted at
theCongressprove tohavemadeany impressionon theAustrianpublic,American infor-
mationserviceswill concentrateonexposingtheir falsity.90
DerletzteSchritterweistsichalsgarnichtnötig,vielmehrrühmensichdieösterrei-
chischenMedien des Erfolges ihrer Zensur-Bemühungen. Die bürgerlich-liberale
genommenwird, legen in späteren Jahren beiläufige Bemerkungen nahe,wie jene Fischls in
Idealismus, Realismus undExistentialismus der Gegenwart, S. 312, dass Sartre seinerzeit „eine
vielbeachteteRede“gehaltenhabe.
87 Mugrauer: Eine „rein kommunistische Angelegenheit“?, S. 131. Als Nebenmaßnahmen
nenntEvelynDeutsch-Schreiner in ihrerUntersuchungTheater im„Wiederaufbau“. ZurKultur-
politik im österreichischen Parteien- und Verbändestaat (Wien 2001, S. 144) eine Reihe von
„BosheitenderösterreichischenBürokratie“: Einreiseschwierigkeiten fürDelegierte, Probleme
bei der Anmietung von Veranstaltungsräumen und Absagen bereits gebuchter Konzerte der
WienerPhilharmoniker.
88 Dvořak:ThesenzursoziokulturellenEntwicklung inÖsterreich1933bis 1955,S. 32.Dasich
Sartre dieVerbindung linker Kräftewünscht, erzürnt ihn insbesondere, dass die Sozialdemo-
kratInnen, statt über den Kongress zu berichten, nur kritische Zettel in die Hotelzimmer der
Delegierten schicken lassen. In der Tat schweigt etwadieArbeiter-Zeitung, in der der aus der
englischenEmigrationzurückgekehrteOscarPollakansonstenalle„Irrtümer,Mißbräucheund
SchikanenderAlliierten“ (Sperber: Bismanmir Scherbenauf dieAugen legt, S. 260) verläss-
lich aufdeckt und sich besonders sensibel in Zensurdingen zeigt, zumindest wenn sie „von
denRussen“ausgehen(O.P.:DieZensur. In:Arbeiter-Zeitung,30.08.1950).
89 Cf. Ministerratsprotokoll 311/1 vom 04.11.1952. Cf. Viktor Matejka: Friedensfreunde spre-
chenmenschlich. In: Tagebuch, 22.11.1952. Cf. auchFriedrichHeer: Die Provokationdes Frie-
dens. In:DieOesterreichischeFurche, 15.11.1952.
90 NorthAtlanticCouncil:NATOSecretDocument (AC/24-D/16),S.8.
8.2WendepunktWien:SchmutzigeHände 283
Existentialismus in Österreich
Kultureller Transfer und literarische Resonanz
- Title
- Existentialismus in Österreich
- Subtitle
- Kultureller Transfer und literarische Resonanz
- Author
- Juliane Werner
- Publisher
- De Gruyter Open Ltd
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-068306-6
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 378
- Category
- Kunst und Kultur