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Stückfür„wederpro-nochantikommunistisch“, esseierstdurchdieKommunis-
tInnen„wirklichzueinemantikommunistischenStückgeworden.“166
Sartre wiederholt vor denWiener JournalistInnen, es sei nicht „gegen den
Kommunismusgeschrieben, sondernsolltedenKonflikt zwischendeneinzelnen
Widerstandsgruppendarlegen“; auchwennerselbstkeineantikommunistischen
Tendenzendarinerkenne,möchteeres inWien,„einemderzweibisdreineural-
gischenPunktedergegenwärtigenWelt“167,nichtgespieltwissen.VordeninÖs-
terreich anstehenden Wahlen sei „nicht die nötige ruhige Atmosphäre zur
Aufnahme seines Stückes gegeben“, so Sartre, fürDie Presse eine „für denPro-
grammatikerundVorkämpferdespolitischenEngagementsderLiteratur immer-
hineigenartigeFeststellung“168.DerProtestdesAutors imHotel Sacher löst eine
wahre „Artikelflut“aus,wobei ermitAusnahmederkommunistischenBlätter
„kritisiert, ja sogar beschimpft“169 wird, wie Porpaczy zusammenfasst. Dies
betrifft allerdingsdiePersonSartreund ihrepolitischenEntscheidungen, fürdas
Theaterstück gilt genau das Gegenteil: Nach vier Jahren des Scheiterns ist die
ersteAufführungder Stadt unterdemTitel SchmutzigeHändeam24. September
1954 imVolkstheater zu sehenunderntet, als „eineder besten, diewir inWien
gesehenhaben“170,vonPresseundPublikum„stürmischenBeifall“171.
166 PieroRismondo:DerMordalsSelbstbestätigung. In:DiePresse,02.10.1954.
167 o.V.:Makabres Intermezzo. In:DiePresse, 24.09.1954.
168 o.V.:Makabres Intermezzo. In:DiePresse, 24.09.1954.
169 Porpaczy: Frankreich–Österreich, S. 227.GüntherAnders schreibt Sartre am25. Septem-
ber 1954, einenTagnachder Premiere: „Ichnehmean, Sie habenalle Kommentare zu Ihrem
Interviewhier gesehen. Kopien aus denmeisten Zeitungen befinden sich inmeinenHänden;
niemand hat jedoch das, was ich für den springenden Punkt halte, geschrieben: dass diese
Kritik zumZeitpunkt, als SiedasStückgeschriebenhaben,nichtsbedeuteteundnicht alsGe-
schenkandie Feindederer genütztwerdenkann, die Sie kritisiert haben:Hitler undPétain“.
[Übers. d. Verf.] („Je présumequevous ayez vu tous les commentaires sur votre interview ici.
Des copiesde laplupart des journaux se trouve[nt] dansmesmains; personne, cependantn’a
[é]crit cequimesemble lepunctumsaliens:qu’à l’[é]poqueo[ù]vousavez [é]crit lapiècecette
critiquenesignifiapointetnepouvezpasêtreexploitéecommeuncadeaufait auxen[n]emies
de ceux, que vous avez critiques: à Hitler et à P[é]tain [!]“.) Briefwechsel Günther Anders –
Jean-Paul Sartre. 25.09.1945–17.07.1970. Literaturarchiv der Österreichischen Nationalbiblio-
thek,Wien(LIT),Sign.: 237/B1508.
170 Rismondo:DerMordalsSelbstbestätigung. In:DiePresse,02.10.1954.
171 Karl Maria Grimme: Sartre kontra Sartre. In: NeueWiener Tageszeitung, 26.09.1954. Das
Stück sei der Fall eines „großenundeinhelligenPublikums- undPresseerfolges“, heißt es im
Wiener Kurier (o. V.: „Rose Bernd“ amVolkstheater, 01.10.1954), wobei gerade Sartres (ver-
suchter) Theaterbann als „Reklame“ (HansWeigel: Sartre macht Reklame. In: Bild-Telegraf,
23.09.1954)gewirkthabe.
298 8 SartreundderkulturelleKalteKrieg
Existentialismus in Österreich
Kultureller Transfer und literarische Resonanz
- Title
- Existentialismus in Österreich
- Subtitle
- Kultureller Transfer und literarische Resonanz
- Author
- Juliane Werner
- Publisher
- De Gruyter Open Ltd
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-068306-6
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 378
- Category
- Kunst und Kultur