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© 2020, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen
ISBN Print: 9783847110927 – ISBN E-Lib: 9783737010924
werden.DieofteingeschränktePraxistauglichkeitdergenanntenMethodenliegt
hauptsächlich ander unzureichendenErfassung vonNiederschlägen, da diese
oft räumlichund zeitlich sehr stark variieren.Nikolopoulos et al. (2014) führt
vorallemkleinräumigeaberkurzeundintensiveNiederschlagsereignissean,die
hoheUnsicherheiten in die Erstellung von I-DKurven als auch in die Gefah-
renbewertung bringen. Selbst das relativ dichteMessnetz vonNiederschlags-
stationenimAlpenraummiteinemAbstandvonrund10km(Borgaetal.,2014)
ist dabei oft unzureichend, umkleinräumige (konvektive)Niederschlagsereig-
nisse aufzuzeichnen, die für etwa 2/3 derMuren inÖsterreich auslösend sind
(Prenner et al., 2019). Auch alternative, flächigeMethodenmittels Satelliten,
Wetterradar oder Mobilfunknetzen stellen zurzeit noch keine ausreichende
Verbesserung fĂĽr dieMuren-Vorhersage imVergleich zu klassischen Stations-
messungendar(Llasatetal.,2005;Leijnseetal.,2007;Marraetal.,2014;Devoli
et al., 2015; Salio et al., 2015). MaĂźgeblich sind auch die Unsicherheiten bei
Verwendung von Tagessummen fĂĽr die Erstellung von Grenzwertkurven/-
wahrscheinlichkeiten. Laut Peres et al. (2018)werdendie Summennicht idea-
lerweise zwischen 0:00–23:59Uhr gebildet, sondern je nach Betreiber unter-
schiedlich (z.B. ZAMGundHD jeweils um07:00Uhr, die italienischeAnnali
Idrologici jeweilsum9:00).
DadasAuftretenvonMureninalpinenRegionenwederdurchregionalenoch
durch lokale Niederschlagsgrenzwerte exakt vorhersagbar ist, wird oft das
DispositionskonzeptnachKienholz(1995)verwendet.DanachtritteinMurgang
nur inEinzugsgebietenmit einer gewissenGrunddisposition (z.B.Reliefener-
gie) auf. Inweiterer Folge bestimmt das Zusammenspiel vonvariablerDispo-
sition und einemdirektemAuslöser (meist Niederschlag) dasAuftreten eines
Murgangs. Bei der variablenDisposition kann es sich zumBeispiel umperi-
odische Änderung der Sedimentverfügbarkeit (saisonal oder abhängig von
Verwitterung und Prozesshäufigkeit) oder von der hydrologischen Gegeben-
heitenimEinzugsgebiethandeln.Abbildung06zeigtamBeispieleinerrezenten
Studie fĂĽrdasPitztal,Tirol,wiedie regionaleMurgangWahrscheinlichkeitvon
hydrologischenVorbedingungenwiederSchneeschmelzeundderBodenfeuchte
abhängt (Mostbauer et al., 2018). Hohe Auslösewahrscheinlichkeiten ergeben
sich im FrĂĽhjahr bei einer Kombination von Schneeschmelze und hoher Bo-
denfeuchte, wobei nurmoderate auslösendeNiederschläge gemessenwurden.
DiehöchstenWahrscheinlichkeitenzeigensichwieerwartetbeisehrintensiven,
teilweise konvektiven Niederschlägen, wobei hier die Vorfeuchte und die
Schneeschmelze eine geringe Rolle spielen.Wir interpretieren diese Resultate
dahingehend, dass extremeMurennicht notwendigerweisemit extremenNie-
derschlägenverbunden seinmüssen, sondernbei besondersungünstigenVor-
bedingungenauchvonmoderatenNiederschlägenausgelöstwerdenkönnen.
Muren500
Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY-NC-ND 4.0
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ExtremA 2019
Aktueller Wissensstand zu Extremereignissen alpiner Naturgefahren in Ă–sterreich
- Title
- ExtremA 2019
- Subtitle
- Aktueller Wissensstand zu Extremereignissen alpiner Naturgefahren in Ă–sterreich
- Authors
- Thomas Glade
- Martin Mergili
- Editor
- Katrin Sattler
- Publisher
- Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-7370-1092-4
- Size
- 15.5 x 23.2 cm
- Pages
- 778
- Category
- Geographie, Land und Leute