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Kapitel 1: Ferdinand und der Augsburger
Religionsfrieden118
einer Einigung kam man nicht, obwohl Ferdinand kurz vor Schluß des Reichs-
tages anbot, in der Sache entgegenzukommen, wenn die Kurfürsten dafür die
Gültigkeit der Münzordnung anerkennten515. Da der Kurfürstenrat nun auch
noch die Haltung der Niederlande ins Spiel brachte, über die Ferdinand trotz
einer kaiserlichen Zusage vom Mai noch nicht hinreichend informiert war516,
blieb dem König nichts anderes übrig, als die Angelegenheit zu vertagen und
für den Regensburger Reichstag verbindliche Beratung vorzusehen517.
Das Finale des Reichstages
Mit der wechselseitigen Übergabe der königlichen Resolution zum Religions-
frieden sowie des Ständebedenkens über Exekutions- und Kammergerichtsord-
nung am Nachmittag des 30. August begann die letzte Phase des Reichstages,
die wie keine andere von Ferdinands persönlichem Einsatz geprägt worden ist
und deren Ergebnisse mit Recht als seine große historische Leistung angesehen
werden. Dieser Austausch war eine Frucht des Prorogationsplanes und brachte
den König verfahrensmäßig in die Vorhand. Selbst das Wort nehmend gab Fer-
dinand den Reichsständen zu verstehen, daß er mit Rücksicht auf die Situation
in seinen Erblanden auf einer Beschleunigung des Verhandlungstempos beste-
hen müsse518. In den nächsten drei Wochen schonte er weder sich und seine
Räte noch den Reichstag.
Es war eine für die reichsrechtliche Entwicklung folgenreiche Stunde, als die
Stände die königliche Zustimmung zu mehreren der von ihnen erarbeiteten
Artikel erfuhren519. Anerkannt wurden damit die folgenden Grundgedanken:
Die Erweiterung des Landfriedens durch den Religionsfrieden520; die Anerken-
nung des Nebeneinanders von zwei Konfessionen im Reich; ein Normaljahr
(1552) für die Verfügung über die geistlichen Güter; das für die Durchführung
der religiösen Einheit der Territorien wesentliche Einmischungsverbot. Dane-
ben enthielt die Resolution insgesamt neun Änderungsvorschläge, von denen
zwei lediglich redaktionell waren, während die anderen sieben mehr oder weni-
ger gravierende inhaltliche Bedeutung hatten521.
Insgesamt betrachtet war die königliche Stellungnahme ohne Zweifel „ein
ganz entschiedenes Eingreifen zugunsten des katholischen Standpunktes“522.
515 Lutz/Kohler, S. 142
516 Die im Tenor negative Stellungnahme der Statthalterin Maria v. 20.9.1555 (Druffel 4, S. 720f)
betonte die Exemtion der Niederlande von Reichsgesetzen durch den Burgundischen Vertrag;
sie kann kaum noch rechtzeitig in Augsburg gewesen sein. Karls Ankündigung ebda, S. 672
(Brief vom 10.5.1555)
517 Lutz/Kohler, S. 150f.
518 Wolf, Religionsfrieden, S. 154; Lutz/Kohler, S. 103
519 Zu den langfristigen reichsrechtlichen Konsequenzen eingehend Heckel, Autonomia, S. 194ff.
520 Schon im Reichstagsabschied von Speyer 1544 war die Religion als Fehdegrund ausgeschlossen
worden; das wurde nun bekräftigt. Die Präzisierung war von den Protestanten durchgesetzt
worden (Wolf, Religionsfrieden, S. 105).
521 Darauf wurde oben S. 89ff ausführlich eingegangen.
522 Lutz, Christianitas, S. 371
CC BY-NC-ND 4.0 | DOI https://doi.org/10.17438/978-3-402-21806-8
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Ferdinand I. als Kaiser
Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Title
- Ferdinand I. als Kaiser
- Subtitle
- Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Author
- Ernst Laubach
- Publisher
- Aschendorff Verlag
- Location
- Münster
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-402-18044-0
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 786
- Keywords
- Ferdinand I., Karl V., 16. Jahrhundert, Kaisertum, Reformation, Geschichte, Konfession
- Category
- Biographien