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Der Reichstag unter Ferdinands persönlicher Leitung 169
direkt zu den streitenden Parteien verfügen sollte, um Frieden zu stiften; in
seinem Namen sollten ihr die Herzöge von Pommern angehören. Für den Fall
eines Mißerfolges sollte eine weitere reichsständische Kommission als Schieds-
gericht gebildet werden, sofern die livländischen Parteien nicht den Rechtsweg
eines Prozesses vor dem Reichskammergericht beschreiten wollten169. Mit die-
sen Ergänzungen trug Ferdinand anscheinend Zweifeln an der Effizienz der
Ständebeschlüsse Rechnung, die von Pommern im Fürstenrat vorgebracht, aber
im Bedenken nicht mehr berücksichtigt worden waren170. Vorausgreifend sei
hinzugefügt, daß die Verhandlungskommission im Frühjahr 1557 im Baltikum
tätig wurde171. Im Reichstagsabschied wurde das Übereinkommen nicht er-
wähnt.
In dem interkurialen Religionsausschuß, der parallel getagt hatte, war Öster-
reich zwar Mitglied172, aber den Vorsitz führte selbstverständlich der Mainzer
Kanzler Dr. Christoph Matthias, und das erste Votum stand dem kurtrierischen
Vertreter zu, so daß für Zasius die Möglichkeit, in den Diskussionen den Vor-
stellungen des Königs durch Initiativen Geltung zu verschaffen, gering war.
Wie schwierig ihre Realisierung werden würde, zeigte sich schon in der ersten
Sitzung am 9. Dezember, in der über die Kompetenzen des Ausschusses bzw.
seiner Mitglieder gesprochen wurde. Die Vertreter der geistlichen Kurfürsten
verwiesen sogleich darauf, daß eigentlich Theologen für die Thematik zuständig
seien, bekundeten aber ihre Bereitschaft zur Mitarbeit. Die Räte der weltlichen
Kurfürsten erklärten, zu Verhandlungen auf der Basis des Passauer Vertrages
ermächtigt zu sein, und was das beinhaltete, brachte der Brandenburger auf den
Punkt, „daß unmüglich, die strittig religion disesmalls und an disem orth allso
zu handeln und zu erledigen“; sein Kurfürst habe darum seine Theologen nicht
geschickt, zumal man diese wichtige Sache nicht übereilen dürfe, der König
aber ja erst gestern betont habe, daß er der Türken wegen nur wenig Zeit habe:
„Darumbe wurde es sich nit lang reichstagen lassen, sondern allain de fia [sic!]
et modo von demwegen der vergleichung der religion gehandlt werden müs-
se“173. Das war kein guter Auftakt für Ferdinands Absichten. Zasius beließ es
angesichts dieser beträchtlichen Vorbehalte bei einem allgemeinen Plädoyer,
gemäß dem Passauer Vertrag zu beraten.
Folgerichtig wurde in der nächsten Beratungsrunde von Mainz zur Diskussi-
on gestellt, welche der vier im Passauer Vertrag wie im Augsburger Abschied
genannten Veranstaltungen – Generalkonzil, Nationalversammlung bzw. Na-
tionalkonzil, Colloquium und Reichsversammlung – zur Überwindung der
Glaubensspaltung geeignet sei174. Trier und ihm folgend alle Vertreter geistli-
169 SHStA Dresden, Loc 10193, fol 142–147: Resolution Ferdinands zum Livland-Bedenken der
Stände, übergeben am 20.12.1556; HHStA Wien, MEA RTA 43, fol 100r-103v (Kopie); im Be-
richt des Mainzer Gesandten, dem sie beigefügt war, ist der 19.12.1556 notiert (fol 84r).
170 Mainzer Protokoll (wie Anm. 156), fol 496r/v
171 S. Kapitel 10, S. 682f
172 Die Namen der Ausschußmitglieder bei Bundschuh, S. 174 nach HHStA Wien, MEA RTA 44a
fol 63v
173 HHStA Wien, RK RTA 38, fol 138v/139r: Zasius’ Protokoll zum 9.12.1556
174 Die Beratungen im Religionsausschuß hat Bundschuh, S. 175–191 ausführlich referiert nach
dem Mainzer Protokoll in HHStA Wien, MEA RTA 44a, fol 63ff (dazu Bundschuh, S. 173
CC BY-NC-ND 4.0 | DOI https://doi.org/10.17438/978-3-402-21806-8
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Ferdinand I. als Kaiser
Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Title
- Ferdinand I. als Kaiser
- Subtitle
- Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Author
- Ernst Laubach
- Publisher
- Aschendorff Verlag
- Location
- Münster
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-402-18044-0
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 786
- Keywords
- Ferdinand I., Karl V., 16. Jahrhundert, Kaisertum, Reformation, Geschichte, Konfession
- Category
- Biographien