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Kapitel 2: Der Regensburger
Reichstag204
Resolution jeweils nur, worin die anderen nachgeben sollten, und übersah ge-
flissentlich, wo man es selber tun sollte. Alle Anstrengungen Pflugs, die Katho-
liken zum Einlenken auf die königliche Linie zu bewegen, blieben ebenso ver-
geblich wie ein Versuch bei der Gegenseite. Ihre endgültige Verweigerung der
Wiederaufnahme des Gesprächs begründeten die Katholiken unter anderem mit
einer Berufung auf jene Passage in Ferdinands Schreiben, die Verständnis für
ihre Haltung bekundet hatte382. Am 29. November gestand Pflug das Scheitern
der Vermittlung ein und suspendierte das Colloquium bis zum nächsten
Reichstag.
Ferdinand nahm hin, was er nicht mehr ändern konnte. In kurzen Dank-
schreiben an Pflug und Seld bedauerte er den fruchtlosen Abbruch und be-
scheinigte beiden Herren, daß sie für den Fehlschlag nicht verantwortlich sei-
en383. Diese hatten sich in der letzten Phase darum bemüht zu verhindern –
nach Selds Ansicht auch mit Erfolg –, daß dem König „die schuld und der un-
lust des zerschlagnen colloquii“ zugemessen würden384.
An der Kurie, die den Wormser Versuch geduldet hatte, war man mit dem
Ausgang sehr zufrieden; der Mahnungen, künftig keine Colloquia und Con-
ventikula mehr zu gestatten, nachdem dieses dank göttlicher Fügung gescheitert
sei385, bedurfte Ferdinand indessen kaum. Auch nach seiner Ansicht war nun
wieder der Reichstag am Zuge. Das bevorstehende Treffen mit den Kurfürsten
in Frankfurt mochte die Gelegenheit bieten, über einen Termin zu verhandeln.
Ein Religionsgespräch freilich kam nicht mehr in Betracht, von den „vier We-
gen zur Vergleichung der Religion“ hatte dieser sich als Sackgasse erwiesen.
Mag Ferdinands Engagement für das Wormser Colloquium nicht allzu hoch
gewesen sein und ganz abgeflaut sein, als man sich dort festgefahren hatte, sein
Interesse für die Reform der Kirche, zumal in Deutschland, blieb unvermindert.
Am Abend vor der Schließung des Regensburger Reichstages hatte er die Ver-
treter der geistlichen Fürsten zusammengerufen, sie zu regelmäßigem Gebet für
die Religionsvergleichung ermahnt und ihnen eine „Reformatio morum“ ans
Herz gelegt386. Jetzt griff er gern eine Initiative des Bischofs von Augsburg auf.
Kardinal Otto Truchseß von Waldburg hatte gemeinsam mit dem Erzbischof
von Salzburg im Sommer 1557 Michael Helding dazu bewegen können, als
Grundlage für die unumgängliche Reform des Klerus die „Formula reformatio-
382 Druck des Schreibens der katholischen Teilnehmer vom 29.11.1557 bei Goldast, Reichshändel,
S. 741ff. Es kann aber keine Rede davon sein, daß Ferdinand signalisiert hätte, er wäre „einver-
standen, daß die Sache sich zerschlüge“ (so Maurenbrecher, HZ 50, S. 45). Das angebliche Sepa-
ratschreiben des Königs an die Katholiken dieses Inhalts hat es nicht gegeben (sein „Fehlen“ in
den Akten erwähnte schon Heppe, Protestantismus 1, S. 216 Anm. 1), es hätte Ferdinands Linie
konterkariert.
383 Beide Schreiben aus Prag, 28.12.1557; das an Pflug ediert bei Pollet, Corr. 4, S. 343f; das an Seld
in HHStA Wien, RK RTA 41, unfol. (Konz.).
384 Seld an F., Worms, 1.12.1557 (BHStA München, KÄA 4306, fol 206r/v, Kopie)
385 Pieper, S. 114f; Köhler, Religionsfrieden, S. 565f; Wolf, Protestanten, S. 109. Genauso interpre-
tierte Canisius den Fehlschlag (Braunsberger 2, S. 173f), während Maximilian den Teufel am
Werk sah, dessen Knechte sich nun freuten (Ernst, Bw. 4, S. 458).
386 HHStA Wien, MEA RTA 44a, fol 146r: Aktennotiz zum 15.3.1557
CC BY-NC-ND 4.0 | DOI https://doi.org/10.17438/978-3-402-21806-8
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Ferdinand I. als Kaiser
Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Title
- Ferdinand I. als Kaiser
- Subtitle
- Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Author
- Ernst Laubach
- Publisher
- Aschendorff Verlag
- Location
- Münster
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-402-18044-0
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 786
- Keywords
- Ferdinand I., Karl V., 16. Jahrhundert, Kaisertum, Reformation, Geschichte, Konfession
- Category
- Biographien