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Kapitel 3: Die Übernahme des Kaisertums
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So kolportierte er einmal, Maximilian habe sein Kommen nach Brüssel an die
Bedingung geknüpft, daß der Kaiser vorbehaltlos die Administration des Rei-
ches an Ferdinand übergebe – nichts wollte Karl ja lieber –, behauptete etwas
später, Ferdinand habe den Kaiser inständig um die Abdankungsgesandtschaft
zum Reichstag gebeten – das Gegenteil war der Fall –, und spekulierte über
angebliche Ländertauschprojekte der Habsburger, von denen gerade Maximili-
an profitieren solle56. Welche persönlichen Hoffnungen Maximilian in dieses
Treffen mit dem Kaiser gesetzt hat, kann hier dahingestellt bleiben. Jedoch hatte
er den Auftrag, im Sinne seines Vaters auf Karl einzuwirken. Tatsächlich führ-
ten die Gespräche des Kaisers mit seinem Neffen und Schwiegersohn Ende Juli
zu einem Übereinkommen57, das Ferdinands Auffassungen voll berücksichtigte.
Die Zeit drängte auch, denn diesmal wollte Karl die letzte günstige Reisezeit
des Jahres im Herbst nicht mehr verpassen.
Karl akzeptierte endlich Ferdinands Ansicht, daß es für die Übertragung des
kaiserlichen Amtes spezifischer Verhandlungen mit dem Kurfürstenkollegium
bedurfte, bevollmächtigte seinen Bruder, die erforderlichen Vorgespräche zu
führen, und überließ es ihm, Ort und Zeitpunkt für einen Kurfürstentag nach
Gutdünken zu bestimmen58. Die notwendigen Dokumente für die kaiserlichen
Vertreter bei der geplanten Staatsaktion – Karl bestimmte dazu den Prinzen
Wilhelm von Oranien, seinen letzten Reichsvizekanzler Seld und den Sekretär
Wolf Haller – sollten noch vor der Abreise Karls nach Spanien ausgestellt wer-
den, damit die Gesandtschaft jederzeit abrufbar wäre. Da jedoch auch Maximi-
lian kein Signal seines Vaters mitgebracht hatte, daß dieser seine bisher ableh-
nende Haltung zu revidieren und auch den Kaisertitel zu übernehmen bereit
wäre, mußte letztlich offengelassen werden, wie weit die den Kurfürsten zu
unterbreitende Übertragung der Kaiserherrschaft auf Ferdinand reichen sollte.
Mit einem Dreistufenplan, der in drei Versionen für die Instruktion der kaiser-
lichen Gesandtschaft seinen Niederschlag finden sollte, wurde dem König
wichtiger Ermessensspielraum zugestanden.
Am weitesten ging die – Karls eigentliches Ziel zum Ausdruck bringende –
Variante, daß die Kurfürsten der Resignation Karls von Titel und Regierung
(tiltre et administration) zustimmen („verwilligen“) sollten, die mithin auf Fer-
dinand übergehen würden. Aber dieses „Maximalprogramm“ konnte nur zum
Zuge kommen, wenn sich Ferdinand doch noch vorher einverstanden erklärte.
Falls es nicht realisierbar wäre, wollte Karl – so die mittlere Stufe – zwar Na-
men und Titel des Kaisers weiterführen, aber die volle Regierungsgewalt unwi-
56 Badoers Berichte bei Brown 6,1, S. 396, 445, 531, 541; sie sind vor allem von Holtzmann, S. 260f.
u. S. 282f allzu unkritisch referiert worden. Delfinos Berichte sind kaum besser (NB I 17, S.
229ff, 249ff, 294ff).
57 Die Verhandlungen wurden im engsten Kreis geführt, selbst ein so vertrauter Mitarbeiter wie
Seld erfuhr nichts – jedenfalls hat er das behauptet (Goetz, Beiträge, S. 41 Anm. 1).- Am 26. Juli
wußte Venedigs Gesandter Badoer, daß der Kaiser und Maximilian bei ihren Beratungen ein Er-
gebnis erzielt hätten, das in Zukunft gute Beziehungen zwischen den Gliedern des Hauses
Habsburg gewährleisten solle; was er über den Inhalt erfahren haben wollte, war indessen wie-
der unzutreffend (Brown 6,1, S. 544).
58 Hierzu und zum folgenden Lanz, Corr. 3, S. 707–709 und S. 710–712 sowie Turba, Beiträge 3,
S. 314–316; vgl. Lutz, Christianitas, S. 477f.
CC BY-NC-ND 4.0 | DOI https://doi.org/10.17438/978-3-402-21806-8
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Ferdinand I. als Kaiser
Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Title
- Ferdinand I. als Kaiser
- Subtitle
- Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Author
- Ernst Laubach
- Publisher
- Aschendorff Verlag
- Location
- Münster
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-402-18044-0
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 786
- Keywords
- Ferdinand I., Karl V., 16. Jahrhundert, Kaisertum, Reformation, Geschichte, Konfession
- Category
- Biographien