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Kapitel 3: Die Übernahme des Kaisertums
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verhandlungen sei zu befürchten, daß sie, einmal anwesend, für längere Zeit
davon in Anspruch genommen und nicht wieder fortgelassen würden; außer-
dem sei am Reichstag weder die erforderliche Konzentration auf die vom König
als besonders wichtig bezeichnete Entgegennahme der kaiserlichen Botschaft
gewährleistet noch die wünschenswerte Vertraulichkeit; darum empfahlen sie
die Einberufung eines besonderen Kurfürstentages an einem günstigeren Ort79.
Obwohl Ferdinand ihnen versicherte, er werde sie kaum länger als zwei Wo-
chen, höchstens aber vier beanspruchen, blieben sie hart80. Als Ferdinand in
vertraulicher Unterredung mit dem sächsischen Gesandten Mordeisen erkennen
konnte, daß auch Prestigedenken bei Kurfürst August hinzukam81, gab er seine
Bemühungen auf, ließ den geistlichen Kurfürsten schreiben, sie könnten jetzt zu
Hause bleiben, möchten sich aber auf Abruf bereit halten82, und entschloß sich
zur Ansetzung einer gesonderten Tagung in Eger für den 1. Mai, wie sie der
Wettiner angeregt hatte83. Dieser Vorschlag scheiterte dann an der Ablehnung
durch die rheinischen Kurfürsten84.
Dennoch war Ferdinand ein Stück weiter gekommen, denn in jenem Ge-
spräch mit Mordeisen erfuhr er, die beiden ostdeutschen Kurfürsten würden,
sofern „die Röm Key. Mt. irer Kon. Mt. das keyserthumb genntzlichen abtre-
ten, ubergeben und resignieren wolten, ... solchs nicht allein underthenigst be-
willigen, sonder auch irer Kon. Mt. zu annehmung desselben underthenig und
freundlich wolten gerathen und dieselb daryn vermahnet haben“85. Ferdinand
hatte, um die Dringlichkeit des Kurfürstentreffens zu betonen, dargelegt, „es
weren sachen, davon ire kon. Mt. mit e. churf. g. und den anderen churfursten
in aigener personn vertreulich reden musten, und wer wol etwas mit der resi-
gnation, aber sie konten und wolten sich dorin nicht lassen one e. churf. g. und
der andern churfursten rath“, und vage von Absichten des Papstes sowie des
französischen Königs gesprochen, „das kaiserthumb vonn der teutschen nation
zu transferieren“86. Zu konkreten Äußerungen hatte er sich trotz Mordeisens
Versicherung, daß sein Herr es „in dieser sachen der resignation halben“ treu-
lich und freundlich mit dem König meine, nicht herbeigelassen. Ohne offenge-
79 Ebda, fol 269–275: Antwort der beiden Kurfürsten, Lochau, 14.1.1557 (gesiegeltes Original,
doch ohne Unterschriften)
80 Zu den Motiven ihrer Weigerung vgl. Wolf, Protestanten, S.52f; Luttenberger, Kurfürsten, S. 23
81 SHStA Dresden, Loc 10193, fol 10r-15r: Instruktion für Mordeisen, Dresden, 3.2.1557 (besie-
geltes Or.; Konz. in Loc 10192, fol 90r-98v). August ließ vortragen, nachdem Ottheinrichs
Fernbleiben entschuldigt worden sei, könne ihm nicht zugemutet werden, sich in Regensburg zu
der kaiserlichen Botschaft zu erklären, während die Räte des Pfälzers erst dessen Resolution
einholten (fol 13r/v).
82 HHStA Wien, RK RTA 38, fol 463: F. an die geistlichen Kurfürsten, Regensburg, 13.2.1557; vgl.
Ernst, Briefwechsel 4, S. 272 (Anm.)
83 CDI 2, S. 470f (F. an Philipp, Regensburg, 14.2.1557)
84 Leeb, Stellung, S. 94
85 So in Mordeisens Instruktion (wie Anm. 81, das Zitat fol 12v), die er nach seinem eigenh.
Schreiben v. 13.2.1557 (SHStA Dresden, Loc. 10192, fol 114r-117v) am Tag nach seiner Audienz
im Original dem Vizekanzler Jonas ausgehändigt hat.
86 Bericht Mordeisens über seine Audienz v. 13.2.1557 (SHStA Dresden, Loc 10192, fol 118r-127r,
die Zitate fol 124r/v)
CC BY-NC-ND 4.0 | DOI https://doi.org/10.17438/978-3-402-21806-8
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Ferdinand I. als Kaiser
Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Title
- Ferdinand I. als Kaiser
- Subtitle
- Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Author
- Ernst Laubach
- Publisher
- Aschendorff Verlag
- Location
- Münster
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-402-18044-0
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 786
- Keywords
- Ferdinand I., Karl V., 16. Jahrhundert, Kaisertum, Reformation, Geschichte, Konfession
- Category
- Biographien