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nur die Krone, während er das Schwert selbst vom Altar nehme204. – In einem
weiteren Ansatz wird ausgefĂĽhrt, daĂź der Apostolische Stuhl seit Kaiser Kon-
stantins Schenkung bis zu Rudolf von Habsburg von den Kaisern mit irdischen
Gütern ausgestattet worden sei, mithin hätten nicht die Kaiser die Temporalien
von der Kirche empfangen, sondern umgekehrt die Kirche eben von den Kai-
sern205.
Überprüfung und Beurteilung der Frankfurter Vorgänge stehen dem Papst
auch darum nicht zu, weil Christus fĂĽr sich das Richteramt in irdischen Ange-
legenheiten abgelehnt hat. Die Resignation Karls V. geht daher nur ihn selbst
und die KurfĂĽrsten etwas an; in der Vorbemerkung heiĂźt es sogar, Karl habe
Herrschaft, Titel, Krone und Szepter in die Hände der Kurfürsten – wenn auch
zugunsten des 1531 bereits gewählten Ferdinand – zurückgelegt206, womit die
Autoren Unkenntnis der in Frankfurt von Ferdinand vertretenen Haltung ver-
raten, der diese Auslegung ja gerade vermeiden wollte. In seinem EntschluĂź zur
Abdankung sei der Kaiser ebenso frei, wie es seinerzeit Papst Coelestin V. ge-
wesen sei207. Da die päpstliche Seite das mit dem Argument bestritt, infolge
seines dem apostolischen Stuhl geleisteten Eides könne der Kaiser nur durch
den Papst von seinem Amt entbunden werden, wird eingehend dargetan, daĂź es
sich bei diesem Eid lediglich um einen Akt der Ehrerbietung handele, keines-
wegs aber um einen Lehns- oder Untertaneneid208. Schon Kaiser Heinrich VII.
habe gegen die Interpretation als Lehnseid protestiert; auch werde der Kaiser
nicht als Diener und Vasall der Kirche, sondern als Sohn bezeichnet209. Der
RĂĽcktritt sei ein natĂĽrliches Recht, und da der Kaiser als weltliches Oberhaupt
der päpstlichen Binde- und Lösegewalt in dieser weltlichen Angelegenheit nicht
unterworfen sei, sei die Resignation Karls V. rechtens und habe einen der im
kanonischen Recht vorgesehenen Fälle von Thronvakanz bewirkt210.
Ferdinand aber durfte aus vier GrĂĽnden unmittelbar die Nachfolge antreten.
Zunächst sind das drei im Jahre 1531 erfolgte Rechtsakte, nämlich erstens seine
Wahl, zweitens deren Ratifizierung durch Kaiser Karl V. und drittens die Kon-
firmation durch Papst Clemens VII., deren Verbindlichkeit fĂĽr den amtierenden
Papst an mehreren Stellen betont wird. Dieser an sich ausreichenden Fundie-
rung wird als vierter Grund hinzugefĂĽgt: In Frankfurt sei eine doppelte bzw.
wiederholte Wahl Ferdinands erfolgt, die vor 27 Jahren getroffene Entschei-
dung sei also nochmals bekräftigt worden, wodurch etwaige Defekte – die es
indessen gar nicht gegeben habe – auf jeden Fall beseitigt wären211. Zweifellos
204 fol 8r: „Imperator in ceremoniis illis coronationis coronam quidem a Papa recipit, gladium
autem ab altari ipse per se quasi divinitus non a Papa datum tollit.“
205 fol 8r/v
206 fol 2r: „... ad manus principum electorum eiusdem imperii ... renunctiasset et resignasset“.
207 fol 9r
208 fol 12r/v: „alibi dicitur quod ex eo non sequat quod Imperator si de temporali dominio ecclesiae.
Nam magis est juramentum reverentiae quam subjectionis et honoris spiritualis quam debiti“.
209 fol 12v/13r
210 fol 13v-14r
211 fol 10r: „Accedit quarta ratio. Nam Imperator electus non solum prima electione et Papae ado-
ratione ac Imp. Caroli ratificatione nititur, sed geminata electione ac repetita principum electo-
rum qua tanto validior est et efficatior, quod maiorem deliberationem et constantiorem habet
CC BY-NC-ND 4.0 | DOI https://doi.org/10.17438/978-3-402-21806-8
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Ferdinand I. als Kaiser
Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Title
- Ferdinand I. als Kaiser
- Subtitle
- Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Author
- Ernst Laubach
- Publisher
- Aschendorff Verlag
- Location
- MĂĽnster
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-402-18044-0
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 786
- Keywords
- Ferdinand I., Karl V., 16. Jahrhundert, Kaisertum, Reformation, Geschichte, Konfession
- Category
- Biographien