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Ferdinand I. als Kaiser - Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
Page - 287 -
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Page - 287 - in Ferdinand I. als Kaiser - Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.

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Weitere Gutachten 287 Papsttums, insbesondere seine Ablaßpraxis und andere simonistische Handlun- gen, verursacht worden sei. Zur VerstĂ€rkung des Gegenangriffs wird auf das pĂ€pstliche Verhalten das Wort Christi vom Splitter bzw. Balken im Auge ange- wendet214. In einem kurzen historischen Exkurs ĂŒber das VerhĂ€ltnis zwischen Kaisertum und Papsttum im Lauf der Geschichte finden sie schĂ€rfste Worte gegen Gregor VII. und dessen Nachfolger215: Von ihnen sei die Sammlung der Dekretalen Gratians zugunsten der pĂ€pstlichen Auffassungen verfĂ€lscht wor- den216; die Kaiser hĂ€tten damals eine Schlange an ihrem Busen genĂ€hrt, ihnen sei von den PĂ€psten ein Halseisen angelegt worden; in tyrannischer Weise hĂ€tten PĂ€pste, um ihre usurpierten Rechte durchzusetzen, die Kaiser Friedrich II. und Ludwig IV. exkommuniziert; Kaiser Heinrich VII. sei vielleicht sogar auf An- stiften des Papstes bei der Eucharistie vergiftet worden – eine im SpĂ€tmittelalter verbreitete Meinung, die im 16. Jahrhundert von Ulrich von Hutten wieder aufgefrischt worden war217. Funktion dieser AusfĂŒhrungen ist, die AnsprĂŒche Pauls IV. in eine negative Tradition einzureihen und den kaiserlichen EmpfĂ€n- ger davon zu ĂŒberzeugen, daß er das neue Opfer pĂ€pstlicher Herrschsucht sei. Im letzten Teil des Gutachtens erörtern die RĂ€te, wie Kaiser Ferdinand sich nun verhalten solle. Fest steht fĂŒr sie, daß die erhobenen VorwĂŒrfe und An- sprĂŒche keinesfalls anzuerkennen sind. Sie empfehlen, zunĂ€chst möge der Kai- ser den Papst höflich auffordern, seine ehrenrĂŒhrigen „Dekreta“ zu kassieren und entweder die durch GĂșzman angebotene Obödienz als erfolgt zu bewer- ten218 oder aber, wenn er eine andere haben wolle, eine die WĂŒrde beider Seiten wahrende Form vorzuschlagen219. Unter Berufung auf den Kardinal Nikolaus von Cues betonen sie nochmals, daß Salbung und Krönung nicht erforderlich seien220, hĂ€tten doch allein aus der Reihe der habsburgischen Herrscher weder Rudolf noch Albrecht I. und Albrecht II. sie empfangen und dennoch das Reich besessen. Ferdinand möge sich auf jeden Fall mit den KurfĂŒrsten und den ĂŒbri- gen StĂ€nden des Reichs beraten, und es sei zweckmĂ€ĂŸig, dabei die Verteidigung der bedrohten Reichsrechte in den Vordergrund zu rĂŒcken und an die Grava- mina der Deutschen Nation aus dem Jahr 1523 sowie an die aus Deutschland nach Rom fließenden Gelder zu erinnern221. Ein Appell an die verbreiteten antikurialen Emotionen sollte also den politischen Schulterschluß mit den ReichsstĂ€nden nach Ansicht dieser vier Ratgeber Ferdinands erleichtern. 214 fol 20r/v 215 fol 24r-25r 216 Vgl. oben S. 267f die entsprechenden Bemerkungen von Seld. 217 Browe, S. 481–485 218 „...vel prius factam obedientiam et filialem observantiam acceptet et ratum habeat...“ (fol 26r). Die Unbefangenheit, mit der die Autoren den Terminus „oboedientia“ benutzen, ist ein weiterer Beleg, daß erst durch die kuriale Interpretation fĂŒr die kaiserliche Seite ein Problem daraus ge- worden ist. 219 fol 26r 220 „Sin sua Sanctitas recusaverit scit M . Caes. ex praemissis unctionem et coronationem non esse necessaria“ (fol 26v mit Randnote, die Buch 3 cap. 4 der „Concordantia catholica“ als Belegstelle nennt). 221 fol 27r CC BY-NC-ND 4.0 | DOI https://doi.org/10.17438/978-3-402-21806-8
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Ferdinand I. als Kaiser Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
Title
Ferdinand I. als Kaiser
Subtitle
Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
Author
Ernst Laubach
Publisher
Aschendorff Verlag
Location
MĂŒnster
Date
2019
Language
German
License
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-402-18044-0
Size
15.5 x 23.0 cm
Pages
786
Keywords
Ferdinand I., Karl V., 16. Jahrhundert, Kaisertum, Reformation, Geschichte, Konfession
Category
Biographien
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