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SCHLUSSBEMERKUNG
Die Politik Ferdinands I. als Kaiser hebt sich deutlich ab von der seines Vor-
gĂ€ngers Karl V. Schon vor dessen Resignation hat der jĂŒngere Bruder die Kon-
sequenz gezogen, daà die politischen Probleme im Reich anders gelöst werden
mĂŒĂten, als Karl es versucht hatte, und hat â bei sorgsamer Beachtung der
LoyalitĂ€t â in behutsamer Weise den als richtig erachteten Weg eingeschlagen.
In einer Denkschrift fĂŒr Kaiser Maximilian II. hat Lazarus von Schwendi, der
ein treuer Diener Karls V. gewesen war, Ferdinand gerĂŒhmt, weil er erkannt
habe, daà Deutschland nur durch einen bestÀndigen Religionsfrieden zu helfen
sei, und darum sich lieber mit den ReichsstÀnden verstÀndigt habe als dem Bru-
der âanhĂ€ngenâ wollen; im Kern war darin das Urteil enthalten, jede andere
Politik, als Ferdinand sie seit Passau getrieben hat, wĂ€re fĂŒr das Reich nachteili-
ger gewesen1. Gleichwohl hat Ferdinand eine wesentliche Zielsetzung Karls V.
durchaus geteilt, ja sie selbst sehr frĂŒh formuliert, nĂ€mlich die Wiederherstel-
lung der zu Beginn ihrer politischen TĂ€tigkeit zerbrochenen Einheit der Chri-
stianitas catholica. Wenn er bis an sein Lebensende jenes Ziel nicht preisgeben
mochte, obwohl beide Religionsparteien erkennbar kaum noch Interesse daran
hatten, so mag ein Grund dafĂŒr sein, daĂ er noch zu jener Generation gehörte,
die die AnfÀnge des Zerfalls miterlebt und auch daran gelitten hatte.
ZunÀchst sei noch einmal hervorgehoben, daà Ferdinand in der Reichspolitik
einen anderen Stil pflegte als Karl V., nÀmlich mehr Gewicht auf persönliche
Kontakte und Ăberzeugungsarbeit â auch durch persönliche Einwirkung â bei
den in seinen Augen einfluĂreichsten protestantischen FĂŒrsten legte, wĂ€hrend
er von den katholischen im Grunde deutliche UnterstĂŒtzung seines Kurses
erwartete.
Eine Ferdinand als Politiker auszeichnende FĂ€higkeit war, Tatsachen, die er
nicht zu Àndern vermochte, respektieren und seine Politik entsprechend umori-
entieren zu können. So war er offen fĂŒr pragmatische Lösungen und bereit,
verschiedene Wege zu erproben, aber auch zurĂŒckzustecken, wenn es einer
friedlichen Lösung wegen geboten erschien; in politischen Dingen stand er zu
seinem gegebenen Wort, und seine Partner wuĂten das zu schĂ€tzen. Noch ein-
mal Schwendi: Ferdinand habe erreicht, daĂ nicht nur die Zuneigung zu ihm
gewachsen, sondern auch das MiĂtrauen im Reich abgebaut und Frieden ent-
standen sei, auch die Geistlichkeit mehr Sicherheit erlangt habe. Ferdinand
selbst ist in seinen letzten Lebensjahren zu Àhnlichen Auffassungen gelangt
trotz der EnttÀuschungen, die er von den Protestanten einerseits, der Politik der
römischen Kurie andererseits erfahren hatte und die ihn zwangen, seine eigenen
konzilspolitischen Ziele immer weiter zu reduzieren2.
Bei allen wichtigen Problemen war die Herstellung eines Konsenses mit der
Mehrheit der ReichsstĂ€nde oder doch den fĂŒhrenden KrĂ€ften die Leitlinie Fer-
dinands. Das konnte gezeigt werden an der Umsicht, mit der er seine Ăber-
1 Frauenholz, S. 12 u. S. 23f
2 So in seinen ĂuĂerungen von 1562 zur oberösterreichischen Regierung (Chmel, Antwort, S.
140ff).
CC BY-NC-ND 4.0 | DOI https://doi.org/10.17438/978-3-402-21806-8
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Ferdinand I. als Kaiser
Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Title
- Ferdinand I. als Kaiser
- Subtitle
- Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Author
- Ernst Laubach
- Publisher
- Aschendorff Verlag
- Location
- MĂŒnster
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-402-18044-0
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 786
- Keywords
- Ferdinand I., Karl V., 16. Jahrhundert, Kaisertum, Reformation, Geschichte, Konfession
- Category
- Biographien