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DREI KAISER – DREI
BIBLIOTHEKEN92
Alle diese Gegenstände sind mir nie übergeben, sondern bloß überhaupt
anvertraut worden; ich würde daher falls mir dieses kaiserliche Fideicommiß-
gut ferner anvertraut werden sollte, um eine ins Einzelne gehende Uebergabe
desselben zu bitten mich veranlaßt finden; wobei ich ferner vorläufig mir zu
bemerken erlaube, daß zu einer derlei Revision, und der etwaigen Anfertigung
einer zweiten Abschrift der vorhandenen Kataloge, indem dieselben zusam-
men ungefähr 120.000 Artikel umständlich spezifiziren – länger als 14 Monate
erforderlich seyn dürften, selbst wenn zwei Individuen mit der wenn auch
nicht diplomatisch genauen Copirung dieser 112 voluminösen Verzeichniße
beauftragt werden sollten. Diese Originale könnten übrigens, da sie täglich
häufig benützt werden müßen und somit die Seele und der Pulsschlag der hi-
erortigen Thätigkeit sind, zumahl auf längere Zeit nicht leicht hinausgegeben
werden.“227
Durch diese Stellungnahme wird mehreres klar. Zum einen sieht sich
Khloyber ohne definitive Ernennung zum Vorsteher samt gehöriger Über-
gabe der Sammlungen nur bedingt zuständig – ohne Rechte eben auch keine
Pflichten. Weiters ist evident, dass die bereits vorhandenen Kataloge schon
aus rein praktischen Gründen nicht als Fideikommiss-Instrument dienen
können. Und zuletzt möchte Khloyber ohne sorgfältige Revision auch keine
Garantie abgeben, dass die in den Katalogen verzeichneten und damit auto-
matisch zum Fideikommiss gehörenden Objekte auch tatsächlich physisch
vorhanden sind. Er müsste als Verwalter der Sammlung ja für ihre Existenz
bürgen, ohne sich zuvor versichert haben zu können, dass sie sich tatsäch-
lich (noch) im Bestand befinden.
Dass der Errichtung des Bibliotheks-Fideikommisses einige Entscheidun-
gen vorauszugehen hatten, die diese schlussendlich ziemlich verzögerten,
zeigt ein Schreiben Metternichs an Ferdinand vom 17. Februar 1843, in dem
er die Ansichten des Kommissionsvorsitzenden Taaffe referiert.
„Graf Taaffe hat zuvörderst in Ansehung der Gegenstände, über welche sich
dieses Primogenitur Fideikommiß zu erstrecken hat, nähere Erhebungen ge-
pflogen und gründet darauf seine diesfälligen Vollziehungs Anträge. Das su-
marische, besagter Note beiliegende Verzeichniß der Gegenstände, welche sich
gegenwärtig in der Allerhöchsten Privatbibliothek befinden, umfaßt außer
227 FKBA23170, fol. 4r–v (Konzept); das Originalschreiben Khloybers liegt unter Wien, ÖStA,
HHStA, Hausarchiv, Ministerium des kaiserlichen Hauses, Verlassenschaften Kt. 9; vgl.
ebendort auch der darauffolgende, sehr interessante und aufschlussreiche Bericht Taaf-
fes an Metternich vom 10.01.1843 – vor allem hinsichtlich der Frage, welche Objekte dem
Fideikommiss zuzurechnen seien.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
Metamorphosen einer Sammlung
- Title
- Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
- Subtitle
- Metamorphosen einer Sammlung
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21308-6
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 1073
- Categories
- Geschichte Chroniken