Page - 126 - in Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918 - Metamorphosen einer Sammlung
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DREI KAISER – DREI
BIBLIOTHEKEN126
Bemerkenswert ist weiters ein Requiem für vierstimmig gemischten Män-
nerchor, das vom Sträfling Johann Swoboda für ein in der Kirche des k. k. nö.
Provinzialstrafhauses abgehaltenes Seelenamt für Kaiser Franz I. komponiert
wurde und dessen Noten man anschließend Kaiser Ferdinand auf Wunsch
des inhaftieren Komponisten überreichte. Nach einer positiven gutächtlichen
Stellungnahme hinsichtlich der Führung während der Haft, lässt Ferdinand
auf Anraten Khloybers ebenfalls 50 fl. hinterlegen, die Swoboda bei seiner
Entlassung im Dezember 1835 mit dem Hinweis ausgehändigt werden, dass
ihm dieses Geschenk von einer „erlauchten Person“ zugewendet worden sei.410
Auch von einem lombardischen Untertan, nämlich dem Zensor des Mailänder
Musikkonservatoriums, Francesco Basili [Basily] wird das Manuskript eines
Requiems überreicht, wofür der Komponist eine goldene Dose im Wert von
50 Dukaten erhält.411 Den Tod Kaiser Franz’ I. haben auch die letzten bei-
den Blätter der „Hauptmomente aus dem Leben Sr. Majestät Franz I.“ von
Johann Nepomuk Hoechle und Franz Wolf zum Thema. Während die letzte
Szene auf die nochmalige Öffnung des Sarges des Kaisers in der Kapuziner-
gruft zum Zwecke einer rituellen Identifizierung des Leichnams durch den
Guardian des Klosters Bezug nimmt, ist die vorletzte Darstellung der viel
interessanteren Szene am Totenbett des Kaisers gewidmet, als Franz durch
seine besondere Hinwendung an Sohn Ferdinand und Enkel Franz Joseph
die künftige Thronfolge vorwegzuehmen scheint.412 Aus der Fülle an Gelegen-
heitsschriften seien die aktenmäßig belegten Übergaben gedruckter Trauer-
reden des Professors für Welt- u. österreichische Staatsgeschichte Girolamo
Turroni bei einem Gedenkgottesdienst der Universität Pavia,413 des Professors
für Religionswissenschaft und allgemeine Erziehungskunde Jacob Beer bei
einer ähnlichen Veranstaltung der Universität Prag414 sowie des Vorstehers
der Prager Neuschul-Synagoge Isaak Backofen415 exemplarisch angeführt. An
Drängt zu Dir sich Alles hin, Ist’s dem Sänger auch Gewinn, Nah‘ zu sein, dem Kaiser,
Aber zitternd bleibt er steh’n, Nimmer darf er weiter geh’n, Denn, ihn hasst der Kaiser!“
(Anm.: Marcellin ist einer der vielen Vornamen Ferdinands, auf den auch in einem Beitrag
der Regenten-Zeitung Bezug genommen wird).
410 FKBA20034.
411 FKBA21025.
412 Vgl. dazu Huber-Frischeis/Knieling/Valenta, Privatbibliothek, 480–482 bzw. 560 (Tafel
XVI).
413 FKBA20045, Orazione recitata dal Dott. Girolamo Turroni p. o. di Storia Universale e par-
ticolare degli Stati Austriaci nella Chiesa del Gesù il giorno 2 aprile 1835 nell’occasione che
il Senato Accademico e i professori della I. R. Università di Pavia rendevano onori funebri
alla gloriosa memoria dell’Imperatore e Re Francesco I. (Titel im Bibliotheksbestand mo-
mentan nicht nachweisbar).
414 FKBA20051.
415 FKBA20091.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
Metamorphosen einer Sammlung
- Title
- Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
- Subtitle
- Metamorphosen einer Sammlung
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21308-6
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 1073
- Categories
- Geschichte Chroniken