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DREI KAISER – DREI
BIBLIOTHEKEN138
Winterquartier. Den darauffolgenden Sommer brachte man in Innsbruck zu,
wohl in Anerkennung der Verdienste jener Stadt, in der Ferdinand infolge
der Märzrevolution von Mitte Mai bis Mitte August 1848 Schutz gesucht
hatte und die ihn nicht nur begeistert empfangen, sondern ihm auch einen
angenehmen Aufenthalt bereitet hatte. Die einmalige Gelegenheit, einen ge-
krönten, wenn auch abgedankten Monarchen innerhalb seiner Mauern zu
wissen, wollte sich auch die alte Residenzstadt Graz nicht entgehen lassen.
Schon im Frühjahr 1849 hatte eine Deputation der Stadt ein Bittgesuch an
Ferdinand gerichtet, dorthin zu kommen. Die Ankündigung des Monarchen,
diesem Ansuchen in einem der folgenden Sommer zu entsprechen, wird
bereits für 1850 konkret. Der ferdinandeische Obersthofmeister Clemens
Graf Brandis bittet daher den Obersthofmeister Franz Josephs, Karl Fürst
zu Liechtenstein, „daß die dortige Burg Allerhöchstdenselben vorbehal-
ten bleibe, und für den Fall, als mittlerweile ein Statthalter ernannt wird,
für denselben vor der Hand eine andere Vorsorge getroffen werde, damit
er nicht, kaum eingezogen, wieder auszuziehen genöthigt werde“.477 Nach
Rücksprache mit Franz Joseph wendet man sich an den Minister des In-
neren, Alexander von Bach, der alles in die Wege leiten lässt, da die Gra-
zer Burg als ein Staatsgebäude in seine Zuständigkeit fällt.478 Doch schon
am 4. Februar 1850 meldet Brandis, dass der Kaiser Prag nicht zuletzt zur
besseren Verwaltung der ihm zugefallenen ehemals toskanischen Herrschaf-
ten in Böhmen479 zu seinem künftigen dauerhaften Aufenthaltsort erklärt
habe. Gleichzeitig seien die Vorbereitungsarbeiten in Graz abzubrechen,
da Ferdinand und seine Gattin den Sommer 1850 nocheinmal in Innsbruck
verbringen würden. Während des Aufenthalts in Tirol könnten in der Pra-
ger Burg „die zu einem stabilen Aufenthalte noch nöthigen Herstellungen“
erfolgen.480 Die notwendigsten Renovierungsarbeiten waren bereits 1849
durchgeführt worden, doch hatte man diese nicht allzu sehr ausgedehnt, da
sich Ferdinand damals ja noch nicht definitiv für die böhmische Hauptstadt
entschieden hatte. Nun bittet Brandis eindringlich, dass „alle Herstellungen
vorgenommen werden, welche sowohl durch die Schadhaftigkeit des Gebäu-
des in einzelnen Theilen, als zur Bequemlichkeit des allerhöchsten Hofes“
notwendig wären. Ferdinands Wunsch gehe dahin, den k. k. Hoffourier Ernst
von Raymond, der schon die ersten Arbeiten geleitet hatte, neuerlich nach
477 Wien, ÖStA, HHStA, OMeA, Kt. 594, Rubr. 130/1, Schreiben vom 11.11.1849 aus Prag.
478 Wien, ÖStA, HHStA, OMeA, Kt. 594, Rubr. 130/1, Schreiben vom 15.01.1850.
479 Diese waren Buštiehrad (Buštěhrad), Swolenowes (Zvoleněves), Tachlowitz (Tachlowice),
Ploschkowitz (Ploskovice), Reichstadt-Politz (Zákupy-Police), Kacow (Kacov) und Kron-
pořičen (Červené Poříčí), vgl. Wien, ÖStA, HHStA, GdPFF Ä.R., Kt. 11 Fasz. „Ausgleichung
der Privatkassen“ 851/1848.
480 Wien, ÖStA, HHStA, OMeA, Kt. 594, Rubr. 130/1.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
Metamorphosen einer Sammlung
- Title
- Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
- Subtitle
- Metamorphosen einer Sammlung
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21308-6
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 1073
- Categories
- Geschichte Chroniken