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DREI KAISER – DREI
BIBLIOTHEKEN142
macht hatte. Dieß ließ mich voraussetzen, daß Seine Majestät der regierende
Kaiser die Kosten auf sich nehmen wolle. Ist dieß nicht der Fall, so behält sich
mein allergnädigster Herr bevor [sic], dieß auf eigene Kosten, jedoch in einem
späteren Jahre auszuführen […]. Was die Dotation an Blumen, Gesträuchen
und Bäumen für Allerhöchstdessen Park und Glashäuser anbelangt, so hätten
Seine Majestät nach Allem, was Er für Schöbrunn, Laxenburg und den Bastei-
garten angeschafft hat, Ursache gehabt zu erwarten, daß man einen von Ihm
geäußerten Wunsch eben nicht nach der Entbehrlichkeit beurtheilen werde.
Indessen Seine Majestät sind weit entfernt Allerhöchsten Herrn Nachfolger
in irgend einem Vergnügen zu beirren, und nehmen nur das in Anspruch, was
man durch die alljährliche Vermehrung […] in den kaiserlichen Gärten leicht
vermissen kann, und was er von andern Orten her nur mit großen Kosten und
nicht so schön beziehen könnte.“489
Man hatte also Lockmittel eingesetzt, um das Kaiserpaar von einem no-
madisierenden Herumreisen abzuhalten, das sich gewiss kostenintensiver
gestaltet hätte, und war nun anscheinend nicht bereit, die Versprechungen
einzulösen.
Brandis wird das ganze Frühjahr 1850 hingehalten. Anfang Mai kommen
deshalb wieder deutliche Worte aus Prag. Er bedauert, dass die Reparaturen
in der Prager Burg mit der Aufteilung des Hofstaates und der Bewilligung
der Dotation in Verbindung gebracht werden, „wodurch diese ohnehin schon
sehr verwickelte Verhandlung noch mehr verwickelt wird“. Bezüglich der ge-
stellten Forderung nach zusätzlichen Raumfluchten zur Beherbergung der
Privatbibliothek und ihrer Sammlungen, auf die Fürst Liechtenstein nicht
einmal eingegangen war, meint Brandis resignierend: „Seine Majestät kön-
nen nicht auf den Erfolg einer weiteren Verhandlung warten und haben be-
schloßen die Bibliothek in Allerhöchstdessen eigenen Pallast zu verlegen.
Dadurch entfällt jede weitere Vorsorge in der Burg“.490 Mit dem Palast ist
das Toskana-Palais auf dem Hradschiner Platz gegenüber dem Hauptein-
gang zur Burg gemeint, das Ferdinand gemeinsam mit den ehemals toskani-
schen Gütern in Böhmen geerbt hatte.491 Bei diesen Besitzungen handelt es
sich im Übrigen um jene Ländereien, die Kaiser Franz I. seinem Enkel, dem
Herzog von Reichstadt, einst als Ersatz für die verwehrte Erbfolge in Parma
zukommen hatte lassen. Die zuvor pfalz-bayerischen und dann toskanischen
Güter fielen nach dem Tod des Herzogs 1832 an dessen Mutter Marie-Louise
489 Wien, ÖStA, HHStA, OMeA, Kt. 594, Rubr. 130/1, Schreiben vom 23.02.1850.
490 Ebenda, Schreiben vom 03.05.1850.
491 Vgl. dazu auch Klar, Bibliothek, 364.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
Metamorphosen einer Sammlung
- Title
- Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
- Subtitle
- Metamorphosen einer Sammlung
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21308-6
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 1073
- Categories
- Geschichte Chroniken