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KAISERLICHES INSTITUT UND
ERINNERUNGSRAUM734
derts lebte. Der Stifter ist kniend dargestellt auf fol. 25r der Handschrift ne-
ben einer Miniatur, die die Verkündigung zeigt.1140 Er trägt den Orden des
Heiligen Antonius, über ihm hält ein Adler einen Schild mit dem Wappen
der Grafen von Montfort, das außerdem an zahlreichen weiteren Stellen in
dem Gebetbuch auftritt. Als Hemmschuh erwies sich zunächst der Anto-
niusorden, der nach Auskunft einiger Fachgelehrter bereits zu Beginn des
15. Jahrhunderts wieder aufgelöst worden sein sollte und dessen Träger
Wilhelm von Montfort niemals gewesen wäre.1141 Den Durchbruch brachte
schließlich die Expertise von Emile Ouverleaux, dem Conservateur-adjoint
à la Section des manuscripts de la Bibliothèque Royale de Belgique. Dieser
konnte den Bestand des Ordens bis ins frühe 18. Jahrhundert durch mehrere
Literaturzitate belegen und außerdem eine handschriftliche Erwähnung der
Verleihung des Ordens an Wilhelm von Montfort im Jahr 1416 beibringen. In
derselben Quelle wird auch die Aufnahme der dritten Gattin Wilhelms in den
Antoniusorden angemerkt, die wiederum mit einem Frauenporträt in einer
Initiale identifiziert werden konnte, das die Insignien des Ordens trägt.1142
Ouverleaux übersandte außerdem aus verschiedenen Quellen exzerpierte
genealogische Notizen zu den Grafen von Montfort, u. a. ein genealogisches
Tableau mit der Aszendenz von Wilhelm von Montfort und den Abbildungen
der Wappen von dessen acht ersten Quartieren, das von Hess-Diller vollstän-
dig in seinen Aufsatz aufgenommen wurde.1143 – Abschließend noch ein paar
Worte zu den Besonderheiten bezüglich der Charakteristik von Hess-Dillers
Forschungstätigkeit, die sich zwischen den Zeilen aus der Korrespondenz he-
rauslesen lassen.1144 Der Autor agierte bei seinen Recherchen nämlich wie ein
interessierter Laie, für den die Bearbeitung der Handschrift zugleich eine
didaktische Übung und Freizeitbeschäftigung war. Auffallend ist sein stetes
Grübeln über Einzelheiten, die dabei zutage tretende Unsicherheit und das
Angewiesensein auf die Erfahrung und das Urteil von Fachmännern – ver-
bunden mit einer Tendenz zu permanenter Überarbeitung und Hinauszöge-
rung des Resultates. Die lange Dauer von sieben Jahren, die zwischen der
ersten nachweislichen Beschäftigung mit dem Gebetbuch (1884) und der Pub-
likation des Aufsatzes (1891) liegt, und der dabei betriebene Aufwand stehen
in keinem Verhältnis zum Umfang der Arbeit. Aus zahlreichen Beteuerungen
Hess-Dillers kann man schließen, dass Becker der eigentliche Anreger der
1140 Ebenda, 291 u. Tafel XXVI.
1141 FKBA31067, fol. 15r u. 17v.
1142 FKBA31067, fol. 19v–20r. Hess-Diller, Officium, 293 mit Anm. 1–3.
1143 FKBA31067, fol. 43–44; Hess-Diller, Officium, 292.
1144 Siehe zum folgenden v. a. die Briefe Hess-Dillers an Becker v. 15.11.1886 u. 07.12.1886
und an Schaffer v. 10.04.1887, 04.05.1887 u. 11.08.1887 (FKBA31067, fol. 11–15, 28 u. 47).
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
Metamorphosen einer Sammlung
- Title
- Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
- Subtitle
- Metamorphosen einer Sammlung
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21308-6
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 1073
- Categories
- Geschichte Chroniken