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BIBLIOTHEK UND ÖFFENTLICHKEIT 781
Geschichte anhand der Namen und Bildnisse der Heerführer der Vergan-
genheit ist in der österreichisch-ungarischen Armee in dieser Zeit ein so
häufiges Phänomen, dass ich diese Thematik in einem eigenen Abschnitt
behandeln werde (Abschnitt 2.2.5). Im Folgenden soll es um die „zivilen“ Por-
trätgalerien gehen, für deren Schöpfung um etwaige Vorlagen aus der Por-
trätsammlung angesucht wurde.
Das wichtigste Fallbeispiel dieser Art ist die Galerie der niederösterrei-
chischen Statthalter, die Erich Graf Kielmansegg, der damalige Inhaber
dieser Verwaltungsfunktion, 1891 im neu errichteten Statthaltereigebäude
in der Herrengasse in Wien einrichten ließ.1294 Kielmansegg selbst und in
seinem Auftrag bereits zuvor der Archivar Karl Schrauf hatten zu diesem
Zweck Anfragen an die Fideikommissbibliothek zum Vorhandensein von
Porträts der Statthalter gestellt.1295 Die beiden Listen mit Namen, die da-
bei mitübersandt wurden, waren nicht einheitlich und enthielten fünfzehn
bzw. zwanzig Einträge. Nur von vier der so mitgeteilten Personen waren die
gewünschten Bildnisse vorhanden, außerdem wurden Porträts eines weite-
ren, aber auf den Listen nicht genannten Statthalters ebenfalls aufgefunden.
Kielmansegg hatte Direktor Zhishman auch darum gebeten, ihm „geeignete
Anhaltspunkte in bezug auf die wegen Erlangung von Portrait[s] dieser Per-
sönlichkeiten einzuleitenden Schritte mit[zu]theilen“.1296 Diesem Wunsch
konnte durch Vermittlung eines Beamten der Fideikommissbibliothek ent-
sprochen werden: Durch seine persönliche Beziehung zu Joseph Alexander
von Helfert, dem Präsidenten der Zentralkommission für Kunst und histori-
sche Denkmale, konnte der Skriptor Franz Schnürer nämlich veranlassen,
dass durch die „Organe“ dieser Institution Kenntnisse über die Existenz von
Porträts niederösterreichischer Statthalter gesammelt und dadurch die Zahl
der noch benötigten Vorlagen bedeutend reduziert wurde.1297 Im gesamten
Aktenkonvolut wird übrigens nirgendwo erwähnt, wem die Anfertigung der
Bilder für die Galerie der Niederösterreichischen Statthalter übertragen
werden sollte. Durch Zufall konnte jedoch eruiert werden, dass mit dieser
Arbeit kein professioneller Künstler, sondern eine adelige Dilettantin be-
traut wurde: Zu Beginn des Jahres 1896 wandte sich nämlich Gräfin Gabri-
ele Saint-Genois-Stolberg (1827–1904) wegen Ausleihe eines Porträtwerkes
an die Fideikommissbibliothek und erwähnte bei dieser Gelegenheit, dass
1294 Zum Gebäude siehe Walter Krause in Frodl, 19. Jahrhundert, 193f., Nr. 12.
1295 FKBA33018 u. FKBA33022, fol. 1–3.
1296 FKBA33022, fol. 1v.
1297 FKBA33022, fol. 9r (Schreiben von Helfert).
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
Metamorphosen einer Sammlung
- Title
- Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
- Subtitle
- Metamorphosen einer Sammlung
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21308-6
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 1073
- Categories
- Geschichte Chroniken