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BIBLIOTHEK UND ÖFFENTLICHKEIT 785
fiziersmesse schmücken sollten,1310 an anderer Stelle ist gar von einem „Eh-
rensaal“ die Rede.1311 Aus diesem wie aus weiteren Akten geht außerdem
hervor, dass nicht die fotografischen Reproduktionen der Grafiken aus der
Fideikommissbibliothek das gewünschte Endprodukt waren, sondern Ge-
mälde, die nach diesen angefertigt werden sollten.1312
Es ist offensichtlich, dass das zentrale Motiv hinter all diesen Initiativen
eine mit spezifischen Tendenzen verbundene Pflege der Erinnerungskultur
war: Es ging darum, die Heerführer der Vergangenheit und ihre Taten als
ruhmvoll und vorbildhaft im Gedächtnis zu bewahren und sich beides durch
Bilder anschaulich zu vergegenwärtigen. Einige der Anfragen sprechen die-
sen Beweggrund auch explizit aus;1313 andere geben als Anlass für das Sam-
meln der Bilder die Feier des Regimentsjubiläums1314 an oder, in einem wei-
teren Fall, die „Gründung eines Regimentsmuseums“.1315
Wir müssen das vorliegende Phänomen in einem größeren Kontext se-
hen: Aktivitäten zur Traditionspflege gab es nämlich keineswegs nur inner-
halb der Regimenter; sie wurden auch von der Heeresleitung, vom Kaiser
abwärts, initiiert und gefördert. Bei drei solchen Unternehmungen wurde
erneut die Fideikommissbibliothek als Quelle von Bildern herangezogen.
Die zeitlich erste Erscheinung in dieser Beziehung, die zugleich mit der
oben beschriebenen kollektiven Faszination innerhalb der Armee für Bild-
nisse der Regimentsinhaber zusammenzuhängen scheint, ist die häufige
Benennung von Regimentern „auf immerwährende Zeiten“ in der franzisko-
josephinischen Ära.1316 Eingeführt wurde diese Praxis bereits unter den Kai-
sern Franz und Ferdinand: Die auf Karl Philipp von Schwarzenberg, Zar
Alexander I., König Friedrich Wilhelm III. von Preußen und Erzherzog Karl
lautenden Regimenter erhielten den Namen ihrer Inhaber „auf immerwäh-
rende Zeiten“ jeweils ab dem Zeitpunkt ihres Todes. In allen vier Fällen han-
delt es sich um Persönlichkeiten, die in den napoleonischen Kriegen eine
bedeutende Rolle gespielt hatten. Franz Joseph hatte zwischen 1855 und
1310 FKBA32087, fol. 1r; FKBA35059, fol. 1r.
1311 FKBA33142, fol. 1r u. FKBA34029, fol. 1r.
1312 FKBA32087, fol. 1r (Gruppenbild); FKBA34029, fol. 1r; FKBA34132, fol. 1r; FKBA34144,
fol. 5r; FKBA35023, fol. 1r; FKBA37023, fol. 5r; FKBA49982, fol. 3r.
1313 FKBA35107, fol. 1r; FKBA38045, fol. 1r.
1314 FKBA35142, fol. 1r; FKBA39073, fol. 2r.
1315 FKBA40034, fol. 1v.
1316 Das Folgende nach Kandelsdorfer, immerwährende Zeiten, IX–XII. Der Inhaber war ur-
sprünglich für die Finanzierung und in der Folge auch für die Benennung eines Regi-
ments maßgeblich und meist nicht mit dem Kommandanten identisch. Da die Geldgeber
im Laufe der Zeit wechselten, änderten sich auch die Namen der Regimenter mit Bezug
auf ihre Inhaber.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
Metamorphosen einer Sammlung
- Title
- Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
- Subtitle
- Metamorphosen einer Sammlung
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21308-6
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 1073
- Categories
- Geschichte Chroniken