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BIBLIOTHEK UND ÖFFENTLICHKEIT 797
Karpfs Arbeiten am „Hilfsapparat“ wurden von den übrigen Beamten der
Fideikommissbibliothek äußerst kritisch bewertet. Wichtigste Quelle dafür
ist ein Gutachten zu seinem Bericht vom 18. November 1887, das von Kustos
Wenzel Schaffer verfasst und dem neuen Bibliotheksdirektor Josef von Zhish-
man vorgelegt wurde. Vermutlich geschah dies, ohne dass dieser vorher einen
Auftrag dazu erteilt hatte, und zwar in Absprache mit den beiden noch übrigen
Beamten Johann Jureczek und Franz Schnürer. Diese und Schaffer waren
„nach gegenseitigem Austausch der Meinungen einstimmig zu dem Resultate
gelangt […], dass für die Bearbeitung der Porträtsammlung der k. k. Famili-
en-Fideicommiss-Bibliothek der oben erörterte bibliographische Hilfsapparat
des Dr. Karpf von keinem Belange ist und sie sich weder mit dem Systeme
des Apparates noch mit einem ähnlichen Apparate überhaupt einverstanden
erklären können, sondern den besten Hilfsapparat für die Bearbeitung der
Sammlung lediglich in den bereits zur Verfügung stehenden und eventuell
anzuschaffenden Hilfswerken erblicken, deren richtige Benützung die Sache
eines jeden einzelnen Beamten ist.“1363
Die Motivation für die Erstellung des Gutachtens lag – nach den abschlie-
ßenden Bemerkungen Schaffers zu schließen – offensichtlich darin, dass
Karpf mit der Arbeit an seinem Hilfsapparat sosehr beschäftigt war, dass er
sich kaum der damals vordringlichen Aufgabe der Neu-Ordnung und -Kata-
logisierung der Porträtsammlung widmen konnte. Dass es sich um eine Ini-
tiative zur Wahrung der Arbeitsdisziplin handelte, belegt auch der Umstand,
dass Schaffer Zhishman gleichzeitig mit seiner Kritik auch den „Entwurf
einer Dienstordnung“ vorlegte.1364
In seinem Gutachten zerpflückte Schaffer die im Arbeitsbericht Karpfs
angeführten Leistungen Punkt für Punkt. Die weitaus ausführlichste Be-
sprechung (16 Seiten) widmete er dabei dem von Karpf angelegten „Verzeich-
nis der in der k. k. Familien-Fideicommissbibliothek befindlichen Hilfswerke
insb. für die Porträtsammlung der k. u. k. Fam.FCB“, einem 133 Seiten star-
ken Heft, in dem kunstgeschichtliche Literatur (im weitesten Sinn) nach XV.
Kategorien klassifiziert verzeichnet ist.1365 Die Kritik Schaffers an dieser
tisch gesammelte[n] Rückweise[n] auf Bildnisse in fremdem Besitze, welche durch die
im Druck erschienenen und alphabetisch angeordneten Kataloge nicht bekannt gemacht
wurden”, wird auch bei Weckbecker, Kunstpflege, 127, erwähnt.
1363 FKBA31100, fol. 27r.
1364 FKBA31100, fol. 27r–28r. Der „Entwurf einer Dienstordnung“ von Schaffer konnte im Ar-
chiv der Fideikommissbibliothek nicht aufgefunden werden; Berichte der einzelnen Mit-
arbeiter zu ihren Tätigkeiten liegen unter FKBA31079 und FKBA31100.
1365 Wien, ÖNB, BAG, A/46/8, FKB.INV.82; zur Kritik daran FKBA31100, fol. 14r–21v.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
Metamorphosen einer Sammlung
- Title
- Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
- Subtitle
- Metamorphosen einer Sammlung
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21308-6
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 1073
- Categories
- Geschichte Chroniken