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KAISERLICHES INSTITUT UND
ERINNERUNGSRAUM824
definitiv nicht nachweisen und der Zusammenhang mit der Abgabe der von
ihm angenommenen Werke an seine Privatbibliothek ist konstruiert. Tat-
sächlich ging es Becker hier auch gar nicht darum, einen speziellen Samm-
lungsschwerpunkt zu rechtfertigen. (Wie bereits erwähnt, ist er ja geraume
Zeit später in seinem Arbeitsprogramm zu der Meinung gelangt, dass „ein
leitendes Prinzip in Bezug auf die Richtung, welche die Bibliothek zu ver-
folgen hat, […] bei der Gründung nicht vorgeschwebt zu haben“ scheint.1455)
Das Motiv für seine Argumentation gegenüber Kabinettsdirektor Braun
bestand lediglich darin, jene Werke für die Privatbibliothek Kaiser Franz
Josephs „zurückzugewinnen“, die diesem seit 1849 gewidmet und dann an
die Hofbibliothek abgegeben worden waren.1456 Offensichtlich sah Becker die
Fideikommiss- und die Privatbibliothek des Kaisers damals bereits als in
Zukunft zu vereinigende Sammlungen. Denn er war bestrebt, eine übergrei-
fende Erwerbstrategie mit optimalem gemeinsamen Ertrag und größtmög-
licher Ökonomie zu betreiben. Die Vorstellung, Kaiser Franz hätte „auf die
Sammlung von Austriaca besonderen Wert gelegt“, wurde von ihm in diesem
Zusammenhang gewissermaßen instrumentalisiert. Wenn er sie in seinem
Arbeitsprogramm im September des gleichen Jahres (1870) auch wieder ver-
worfen hat, so war es ihm doch wichtig, diesen thematischen Schwerpunkt
als ein wesentliches – wenn auch nicht als das einzige – leitende Kriterium
für die zukünftige Erwerbungspolitik der Fideikommissbibliothek auszuwei-
sen.1457
Von größerem Einfluss auf das zukünftige Bild von der Geschichte und von
der Eigenart der Privatbibliothek Kaiser Franz’ I. als die bisher zitierten
Quellen war das auf den 21. Mai 1873 datierte und von Becker unterzeich-
nete Vorwort zum ersten Band des gedruckten Kataloges.1458 Teile daraus
wurden weitgehend wortwörtlich in jene Verlautbarung in der Wiener Zei-
tung übernommen, mit der am 25. Juni 1878 die Zusammenlegung der
Fideikommissbibliothek mit der Privatbibliothek des Kaisers und der neue
Name der vereinigten Sammlung publik gemacht wurden.1459 Der Text des
Vorwortes enthält eine ganze Reihe von gedanklichen Konstrukten im Hin-
blick auf die Entstehungsumstände der Bibliothek und den Umgang des
Kaisers mit seinen Büchern, die aber gleichwohl, wie Becker mehrfach be-
1455 FKBA26135, pag. 17.
1456 Vgl. den Beitrag von Thomas Huber-Frischeis in diesem Band, Abschnitt 5.6.2.
1457 FKBA26135, pag. 18, 19, 21, 23, 24, 28, 32, 42, 43.
1458 Becker, Sammlungen, Bd. 1, Vorwort, unpaginiert [pag. 1–3].
1459 Wiener Zeitung, Nr. 144 v. 25.06.1878, 2–3. Die Verlautbarung wurde zweifellos von Be-
cker verfasst. (vgl. FKBA28085)
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
Metamorphosen einer Sammlung
- Title
- Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
- Subtitle
- Metamorphosen einer Sammlung
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21308-6
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 1073
- Categories
- Geschichte Chroniken