Page - 837 - in Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918 - Metamorphosen einer Sammlung
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GENESE EINER HABSBURG-LOTHRINGISCHEN FAMILIENSAMMLUNG 837
sammlungen hingegen nur sehr eingeschränkt gestattet, Adressen zu verfas-
sen. Die Berechtigung „in Gemeinden oder sonst gemeinschaftlich Adressen
zu beschließen“ hänge eng mit dem Versammlungs- und Beschwerderecht
zusammen. Der Artikel endet mit der folgenden interessanter Feststellung:
„Es ist klar, daß dergleichen Adressen des Danks und der Zufriedenheit, wo-
mit Napoleon so gern spielte, nur dann einen Werth haben, wenn auch das
Gegentheil möglich ist, und es wäre gewiß sehr nützlich, den Bürgern eine
Form zu geben, in welcher sie ihre wahren Gesinnungen und Wünsche aus-
drücken könnten.“1491 Die nächstfolgende achte Auflage des Lexikons bringt
als nennenswerten Zusatz lediglich die Angabe, dass die „Befugnis, sich zu
versammeln oder gemeinschaftlich zu unterschreiben, […] durch den Bun-
destagsbeschluß vom 5. Jul. 1832 für unerlaubt und strafbar erklärt“ worden
ist.1492 In der zehnten Auflage (1851) erfahren wir:
„Die Adresse, durch welche jetzt gewöhnlich alle constitutionellen Kammern
die Thronrede (s. d.) des Regenten beantworten, gilt als der erste Probierstein
für den Stand der Parteien, sowie für das Verhältniß der Majorität zu der
Politik des verantwortlichen Ministeriums im Allgemeinen. Aus der officiellen
Sphäre ist das Adresswesen in das politische Leben überhaupt eingedrungen,
und ein Hauptmittel der Parteien zu Demonstrationen unter sich oder für und
gegen öffentliche Charaktere geworden.“1493
In der elften Auflage (1864) hat die einleitende Definition des Wortes
schließlich folgende Form angenommen: „Adresse ist im polit. Sinne eine
Kundgebung von Gesinnungen, sei es einer Anzahl von einzelnen, sei es ei-
ner Corporation.“1494 Ihre Funktion in den parlamentarischen Monarchien
wird wie folgt erläutert:
„Regel ist, in den größern Verfassungsstaaten wenigstens, die Beantwortung
der Thronrede durch eine A. jedes der beiden Häuser der Landesvertretung.
In dieser A. pflegt, anschließend an den Inhalt der Thronrede, entweder eine
Zustimmung zu dem in der Thronrede gegebenen Programm der Regierung
oder auch ein Widerspruch gegen einzelne Punkte desselben, unter Umstän-
den sogar ein Tadel des ganzen Regierungssystems, ausgesprochen zu wer-
den. In Frankreich war unter der Julidynastie die Adreßdebatte fast immer
1491 Ebenda. Der Satz wurde in den nachfolgenden Auflagen gestrichen.
1492 Brockhaus, 8. Aufl., Bd. 1 (1833), 92.
1493 Brockhaus, 10. Aufl., Bd. 1 (1851), 149. Der erste Teil dieses Passus findet sich bereits in
der 9. Aufl., Bd. 1 (1843), 105.
1494 Brockhaus, 11. Aufl., Bd. 1 (1864), 229.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
Metamorphosen einer Sammlung
- Title
- Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
- Subtitle
- Metamorphosen einer Sammlung
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21308-6
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 1073
- Categories
- Geschichte Chroniken