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KAISERLICHES INSTITUT UND
ERINNERUNGSRAUM900
Dokumenten zu den Habsburgern, vor allem aber zu Kaiser Franz Joseph,
das sich ungefähr seit der Jahrhundertwende im Schriftverkehr der Fidei-
kommissbibliothek mit Außenstehenden beobachten lässt.
Die neue Form der Popularisierung der Habsburger war ein Phänomen,
das, wie bereits angedeutet, zunächst vor allem Kaiser Franz Joseph betraf.
Das allgemeine Interesse, das man seiner Person entgegenbrachte, hatte –
spätestens seit dem Regierungsjubiläum 1898 – Konjunktur, um in den Jah-
ren zwischen Jahrhundertwende und Erstem Weltkrieg zu kulminieren. Vor
dem Hintergrund dieser zunehmend zum Ausdruck gebrachten Loyalität
mit dem Kaiser und zum Teil auch mit Bezug darauf hatte Schnürer, wie im
vorhergehenden Abschnitt dargelegt worden ist, sein Habsburgermuseum
konzipiert. Im Fahrwasser von Franz Joseph und neben ihm konnten auch
andere mehr oder weniger prominente Habsburger und Habsburgerinnen
das Interesse der Öffentlichkeit auf sich ziehen; und vermutlich hat diese
Entwicklung nicht unwesentlich zum Aufkommen der Habsburgernostalgie
in der Zwischenkriegszeit beigetragen.1730
Die Veröffentlichung der Ego-Dokumente des Kaisers gestaltet sich
gleichsam als selbstverstärkender Prozess: Vorausgehende Publikationen
zogen neue Anfragen für weitere Veröffentlichungen nach sich. Objekte mit
„Fetischcharakter“ mussten also zunächst zur Kenntnis der Öffentlichkeit
gelangen, um Interesse hervorzurufen und als Konsequenz davon aufs Neue
reproduziert zu werden.
Vorausgeschickt werden muss, dass bei den im Folgenden zu besprechen-
den Anfragen und Nutzungen von Sammlungsobjekten aus der Fideikom-
missbibliothek hauptsächlich eine bestimmte, besonders private Seite des
Kaisers im Fokus des Interesses stand, nämlich seine Kindheit. Angesucht
wurde um Knabenbildnisse sowie um Kinderzeichnungen und Schularbeiten
von Franz Joseph aus seiner Zeit als Erzherzog. Betrachten wir die öffentli-
che Rezeption dieser drei Kategorien von Ego-Dokumenten des Kaisers der
Reihe nach.
Was die Knabenbildnisse Franz Josephs betrifft, so handelte es sich
hauptsächlich um Gruppenbildnisse, die den kleinen Erzherzog zusammen
mit seinen Geschwistern, seiner Mutter und/oder anderen Verwandten dar-
stellen: vier Lithografien von Josef Kriehuber, von denen drei nach eigener
Zeichnung und eine nach einer Vorlage von Johann Ender entstanden wa-
ren, sowie je ein Aquarell von Peter Fendi und Johann Ender, die heute in
der grafischen Sammlung Albertina aufbewahrt werden (Abb. 47 u. 48).
Die drei von Kriehuber selbst komponierten Lithografien, die Erzherzog
Franz mit seinen beiden Brüdern Karl Ludwig und Ferdinand Max sowie
1730 Magris, Mythos, 7–22 u. 239–308.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
Metamorphosen einer Sammlung
- Title
- Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
- Subtitle
- Metamorphosen einer Sammlung
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21308-6
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 1073
- Categories
- Geschichte Chroniken