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Friedensgutachten 2020 - Im Schatten der Pandemie: letzte Chance für Europa
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offensive Absichten zu erkennen. Nationale Sicherheitsstrategien identifizieren staat- lich gelenkte Cyberattacken als ernstzunehmende Bedrohung. Die Militarisierung des Cyberraums ist an verschiedenen Indikatoren ablesbar: dem Ausbau militärischer Strukturen, der Entwicklung von Doktrinen und Budgets sowie der Einbettung von Cyberattacken in laufende militärische Operationen. Nahezu alle Groß- und Regionalmächte haben die traditionellen militärischen Opera- tionsbereiche – See, Luft, Land und Weltraum – um den Cyberraum als fünfte Dimen- sion erweitert sowie zivile und militärische Cyberbehörden mit sowohl defensiver als auch offensiver Ausrichtung geschaffen. Einige Staaten sehen deren Hauptaufgabe im Schutz der digitalen Infrastruktur, während andere dies als den Beginn einer neuen Ära des Wettrüstens bezeichnen. So deklarierten bereits 21 Staaten offensive militä- rische Ziele im Cyberraum (→ Faesen et al. 2019a). Mindestens 31 Staaten verfügen nachweisbar über eine dezidiert militärische Cyberstrategie (→ Center for Strategic & International Studies o.J.). Die tatsächliche Zahl dürfte deutlich darüber liegen, da Cyberstrategien und -doktrinen in vielen Ländern unter Geheimhaltung fallen. Der- selbe Vorbehalt betrifft militärische Cyberausgaben, die in der Regel klassifiziert oder aufgrund überlappender Zuständigkeiten nicht vergleichbar erfasst werden können. Marktanalysen erwarten allerdings eine Steigerung der weltweiten militärischen Cyberbudgets von derzeit 13,8 Mrd. US-$ 2019 auf 16 Mrd. US-$ im Jahr 2023 (→ Orr 2019). Weltweit führend sind die USA, die 2019 8,5 Mrd. US-$ für militärische Cyber- kapazitäten ausgaben; das sind 4 % mehr als im Vorjahr (→ Morgan 2019). Verlässliche Zahlen für das chinesische oder russische Budget liegen nicht vor. Prinzipiell können militärische Cyberausgaben sowohl in defensive als auch in offensi- ve Kapazitäten fließen. Aus friedenspolitischer Sicht ist beunruhigend, dass offensive Cyberoperationen nicht mehr „nur“ in die Planung militärischer Einsätze integriert werden. Vielmehr werden sie zu tragenden Säulen der Cyberabwehr und -abschre- ckung in Friedenszeiten. Das hat Folgen für Bereiche wie die Integrität demokrati- scher Wahlen, die traditionell nicht durch das Militär geschützt werden. Das Vision Statement des US-Cyberkommandos sowie die 2018 revidierte militärische Cyberdok- trin der USA sind tonangebend. Sie lassen die eher reaktive Doktrin der Obama-Ära hinter sich, nennen China und Russland explizit als Bedrohung und orientieren sich an den Leitprinzipien persistenter Aktionen und der Vorwärtsverteidigung. Demnach sollen potenzielle Attacken bereits an ihrem Ursprung unterbunden werden. Das setzt den kontinuierlichen Zugriff auf Netzwerke potenzieller Gegner und eventuell auch Präemptivschläge voraus. Die Entwicklung zukünftiger Angriffsoptionen, etwa durch Platzierung „logischer Bomben“, wird als Mittel der Abschreckung gerechtfertigt. Was das in der Praxis bedeutet, verdeutlichte die US-amerikanische Reaktion auf die russische Desinformation während der US-Kongresswahlen 2018. Nicht nur störte Staaten verfügen zunehmend über militärische Cyber- strategien US-amerikanische Cyberstrategie ist offensiv ausgerichtet 3 107 friedensgutachten / 2020
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Friedensgutachten 2020 Im Schatten der Pandemie: letzte Chance für Europa
Title
Friedensgutachten 2020
Subtitle
Im Schatten der Pandemie: letzte Chance für Europa
Publisher
transcript Verlag
Date
2020
Language
German
License
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-8394-5381-0
Size
21.0 x 28.5 cm
Pages
162
Keywords
Frieden, Bewaffnete Konflikte, Sicherheit, Internationale Politik, Entwicklungszusammenarbeit, Krieg, Gewalt, Politik, Konfliktforschung, Globalisierung, Politikwissenschaft
Category
Recht und Politik
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