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VorBemerkung
Städte zum Schutz von Brücken
Da Flüsse in der Frühphase der Menschheitsgeschichte
eine oft nur schwer überwindliche Barriere bildeten und
das Übersetzen mit Hilfe eines Bootes meist mit einem
gewissen Zeitaufwand verbunden war und ist, wurde
bei Siedlungen an Flüssen nach Möglichkeiten, die Flüs-
se zu überbrücken, gesucht. Um solche Brücken vor
Zerstörung zu schützen, wurden vielfach eigens Sied-
lungen oder Städte zum Schutz wichtiger Brückenbau-
werke angelegt. So bauten beispielsweise die Russen
bei der wichtigen Eisenbahnbrücke auf der ursprüng-
lichen Bahntrasse der transsibirischen Eisenbahn über
den breiten Songhua Fluss im Nordosten Chinas 1898
die Stadt Harbin. Harbin war im Osten die letzte große
Station vor der Endstation in der Hafenstadt Wladiwos-
tok. Harbin wurde dabei nach dem Vorbild von Mos-
kau angelegt.
In anderen Fällen konnten aber auch die Bewohner
einer solchen Stadt zur Gefahr für den Bestand einer
Brücke werden. So hat angeblich Gegenpapst Cle-
mens VII im 14. Jh. zu seiner persönlichen Sicherheit
mehrere Bögen der berühmten Brücke von Avignon zer-
stören lassen.
Die Römer bauten das antike Castrum Divitia, das heu-
tige Deutz, gegenüber vom damaligen Colonia, dem
heutigen Köln, zum Schutz der 310 n.Chr. errichteten
420 m langen Brücke über den Rhein, den damaligen “Fluvius Rhenus“. Die Brücke hatte 19 gemauerte
Brückenpfeiler über Pfahlgründungen im Flussbett und
20 hölzerne Brückenelemente.
Auch das römische Flavia Solva etwa 35 km südlich
von Graz im steirischen Wagna im Süden Österreichs
wurde zum Schutz der Brücke über den Fluss Mur, den
“Fluvius Murius“, errichtet. Flavia Solva entwickelte sich
damals zu einer Art römerzeitlichen Landeshauptstadt
der mittleren Steiermark, hatte eine Ausdehnung und
Bevölkerungszahl, die mit der von Graz um 1650 etwa
vergleichbar war, und verfügte sogar über ein Amphi-
theater. Bei der Murbrücke bei Flavia Solva handelte es
sich um eine wohl ausschließlich hölzerne Konstruktion
mit mehreren Brückenpfeilern, die im Flussboden nach-
gewiesen werden konnten. Zwischen diesen spannte
sich wohl eine Holzbalken-Fachwerkkonstruktion. Die
heutige Breite der Mur auf Höhe von Wagna liegt bei
75 m.
Das römische Relief der Trajans-Brücke über die deutlich
breitere Donau zwischen dem heutigen Rumänien und
Serbien kann eine Vorstellung davon geben, wie das
Denken der Römer in druckbeanspruchten Konstruktio-
nen allgemein, das sich beispielsweise in der häufigen
Verwendung von Schlusssteinbögen aus Stein nieder-
schlägt, auch auf römerzeitliche Brückenkonstruktionen
aus Holz niedergeschlagen hat, wie ihre Holzbrücken
oft ausgesehen haben. (siehe Abb. 153 S. 188).
Eine etwas einfachere Konstruktion wird man sich bei
den viel geringeren Spannweiten der Murbrücke zwi-
schen den Brückenpfeilern bei Flavia Solva vorzustellen
haben.
in oft aufwändig befestigten Höhensiedlungen errichtet.
Der in Österreich liegende Ringkogel nördlich von Hart-
berg in der Oststeiermark ist hierfür ein gutes Beispiel.
Hier finden sich die Reste von zwei konzentrisch zu-
einander liegenden keltischen Wehranlagen, die um
die Bergspitze ringförmig verlaufen und die sich heute
noch markant auf den überwaldeten Hängen des nied-
rigen Hausberges von Hartberg abzeichnen und ihm
den Namen gaben. Bei solchen Siedlungen musste al-
lerdings das Wasser auf andere Weise beschafft wer-
den. Aber auch der Transport schwerer Baumaterialien,
wie der von Natursteinen als beständigem Baustoff
musste mühsamer bewerkstelligt werden als das auf
dem Wasserweg sonst oft möglich war.
Frühe Brücken
Zug- oder druckbeanspruchte Konstruktionen, kreative, innovative und interessante Brücken
- Title
- Frühe Brücken
- Subtitle
- Zug- oder druckbeanspruchte Konstruktionen, kreative, innovative und interessante Brücken
- Author
- Hasso Hohmann
- Publisher
- Technische Universität Graz
- Location
- Graz
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-85125-833-2
- Size
- 20.0 x 27.0 cm
- Pages
- 306
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen