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Frühe Brücken
Augarten-Steg in Graz in Österreich
Die schmale Brücke am Augarten in Graz ist ein nur
für Radfahrer und Fußgänger zugelassener Steg über
die Mur. Er wurde 1998 fertiggestellt und ist konstruk-
tiv ausgesprochen innovativ. Segelschiffsmasten sollen
ja möglichst leicht gebaut sein, damit ein Segelschiff
nicht kopflastig wird. Die oft sehr hohen Masten be-
stehen daher oft aus einem relativ dünnen Stab, der
seine Stabilität erst dadurch erhält, dass er räumlich in
mindestens drei horizontale Richtungen über Abstand-
halter mit Seilen verspannt wird.
Der relativ horizontal verlaufende Augarten-Steg hat
zwei ähnlich stabilisierte Tragwerke. Die eigentlich nicht
tragfähigen Brückenträger rechts und links der Nutz-
fläche verfügen über kleine in der Länge zur Brücken-
mitte zunehmende gelenkig unter und über diesen Trä-
gern angebrachte Abstandhalter, die zusätzlich noch in
den Feldern dazwischen diagonal räumlich verspannt
wurden. Über diese Abstandhalter laufen jeweils zwei
zugaufnahmefähige Seile. Diese machen konstruktiv
aus den zwei lanzettförmig umspannten Flächen neben
der Nutzfläche stehend angeordnete, tragfähige “Bret-
ter“, welche die Brücke durch die Verspannung tragen können. Sie übernehmen so die durch die Eigenlast
des gesamten Steges und durch die Passanten ent-
stehenden Momenten-Belastungen. Dabei entsteht an
den zwei Seilen an der Unterkante der lanzettförmigen
“Bretter“ jeweils eine sehr hohe Zug-Belastung und an
den zwei Seilen an ihren Oberkanten aber immer noch
eine namhafte Zugspannungen, die die Stabilität der
“Bretter“ garantieren.
Der Augarten-Steg war das Ergebnis eines 1996
durchgeführten Brückenwettbewerbes. Geplant wurde
die Brücke von den Gewinnern, wobei Herwig Illmaier
für Entwurf und Gestaltung, Adolf Graber und Tassilo
Szyszkowitz für die Statik verantwortlich zeichnen. Der
Steg hat eine Länge von 74 m. Die Lauf- und Fahrfläche
ist 4,5 m breit. Sie besteht aus Holzleimplatten mit auf-
gebrachtem Gussasphaltbelag. Die Tragkonstruktion
der Brücke wurde in vier Teilen an eines der Ufer an-
geliefert und dort zu dem langen Steg zusammen-
gesetzt. Danach wurde die Brücke als Ganzes mittels
eines eigenen Stelzen-Verfahrens über den Fluss ge-
schoben und in die betonierten Auflager auf beiden
Seiten präzise eingelassen.
Frühe Brücken
Zug- oder druckbeanspruchte Konstruktionen, kreative, innovative und interessante Brücken
- Title
- Frühe Brücken
- Subtitle
- Zug- oder druckbeanspruchte Konstruktionen, kreative, innovative und interessante Brücken
- Author
- Hasso Hohmann
- Publisher
- Technische Universität Graz
- Location
- Graz
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-85125-833-2
- Size
- 20.0 x 27.0 cm
- Pages
- 306
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen