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steinBogenBrücken
auch wasserundurchlässig und wurde mit der Zeit sogar
im Wasser noch härter als kurz nach dem Abbinden. Für
ihre Aquaedukte, die man natürlich bei oberirdischer
Wasserführung als Brückenbauwerke ansprechen muss,
war außerdem ein Beton entscheidend, der wasserun-
durchlässig ist, damit der Wasserverlust auf den oft sehr
langen, mitunter mehr als 100 km weit geführten künst-
lichen Wasserwegen nicht zu groß wurde.
In nachrömischer Zeit wurde allerdings im christlichen
Abendland fast das gesamte technische Wissen der
darin sehr versierten Römer systematisch und bewusst
verschüttet. Je weniger jemand weiß, desto mehr muss
man glauben! Im späten Mittelalter und besonders in
der frühen Neuzeit fragten sich viele Baumeister an-
gesichts der Haltbarkeit vieler römischer Monumental-
bauten aus Beton und natürlich auch bei römischen Brü-
cken, wie die Römer einen derartig festen Beton hatten
herstellen können. Erst ab der Mitte des 18. Jh. experi-
mentierte man nochmals besonders in England mit den
in Frage kommenden Materialien und erfand ein zwei-
tes Mal viele der bereits in der Antike bekannten Bau-
materialien, deren Herstellung und ihre unterschied-
lichen Verarbeitungsmöglichkeiten. Pont du Gard bei Nimes in Frankreich
Der Pont du Gard bei Nimes in Frankreich ist eines
der bekanntesten römischen Aquaedukte und dien-
te der Wasserversorgung der einstigen römischen
Stadt Nemausus, dem heutigen Nimes. Das Aquae-
dukt hatte eine Gesamtlänge von ca. 50 km. Der Pont
du Gard wurde etwa 18. v. Chr. errichtet und war ein
Schlüsselbauwerk im Verlauf dieser Wasserleitung mit
gleich anschließendem Tunnel. Es hatte aber auch
eine Doppelfunktion. Es war über der untersten brei-
teren Bogenebene auch ein Viadukt. Über die großen
Schlusssteinbögen unten auf der Nordseite führte eine
römische Straße über den Fluss Gard - zur Römerzeit
Vardo fluvius genannt. Über der oberhalb folgenden
zweiten Schlusssteinbogenreihe und der Reihe kleiner
Bögen lag das eigentliche Aquaedukt zur Wasserver-
sorgung der nahen römischen Stadt Nemausus.
Der Pont du Grad wurde aus Kalksteinblöcken in
Form eines Trockenmauerwerks in der Schlussstein-
bogen-Technik errichtet. Das Brückenbauwerk hat eine
Gesamtlänge von ca. 275 m (eigene Messung aus
dem Google Earth, da die von Grewe angegebenen
490 m (Grewe 2010:85) kaum stimmen können, und
eine Gesamthöhe von fast genau 50 m. Die maximale
Spannweite der unteren Bögen liegt bei 24,5 m. Zu den
Seiten der Brücke nehmen die Spannweiten der Bögen
auf der unteren und auf der mittleren Ebene beidseitig
kontinuierlich ab. Als Straßenbrücke wurde das Bau-
werk noch bis ins 18. Jh. genutzt.
Das Gefälle der Wasserleitung variierte abschnittweise
im Verlauf der Leitung bis zum Pont du Gard zwischen
0,03 % und 0,05%. Auf der Strecke zwischen dem Pont
du Gard und dem Castellum in Nimes, also einer rest-
lichen Strecke von 33,5 km liegt ein Höhenunterschied
von etwa 6,2 m, daraus ergibt sich ein Gefälle von nur
knapp 0,02 %. Die eigentliche Wasserleitung über
dem Brückenbauwerk ist 1,8 m hoch und 1,2 m breit.
Sie wurde als Gussbauwerk aus verdichtetem wasser-
undurchlässigem Zementmörtel, dem “Opus caementi-
cium“ hergestellt und gegen Verunreinigung von oben
mit Steinplatten abgedeckt.
Auch auf der gesamten restlichen Strecke war die
Leitung geschlossen. Über sie flossen pro Tag rund
20.000 m³ Wasser in die Stadt, die etwa 20.000
Folgende Seiten:
Abb.: 171
Der Pont du Gard bei Nimes als Überbrückung
des Flusses Gard für eine römerzeitliche Stra-
ße und als Wasserleitung ganz oben für die Stadt
Nimes. Die balkenförmigen Einschnürungen am je-
weiligen Bogenfuß in den großen Bogenlaibungen
dienten zur Fixierung von Gerüsten bei allfälligen
baulichen Sanierungen. Die Straße über den unte-
ren Bögen wurde noch bis ins 18. Jh. verwendet.
Foto: Andreas Scheucher,
St. Stefan ob Stainz, 2004
Frühe Brücken
Zug- oder druckbeanspruchte Konstruktionen, kreative, innovative und interessante Brücken
- Title
- Frühe Brücken
- Subtitle
- Zug- oder druckbeanspruchte Konstruktionen, kreative, innovative und interessante Brücken
- Author
- Hasso Hohmann
- Publisher
- Technische Universität Graz
- Location
- Graz
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-85125-833-2
- Size
- 20.0 x 27.0 cm
- Pages
- 306
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen