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Frühe Brücken
Ponte della Maddalena bei
Bagni di Lucca in Italien
Nordöstlich von Borgo a Mazzano bei Bagni di Lucca
in Norditalien, 16 km nördlich von Lucca entfernt, spannt
sich die Ponte della Maddalena über den Serchio Fluss.
Sie wird auch Ponte del Diavolo genannt und erinnert
an osmanische Brücken, bei denen häufig die Lauf- und
Fahrfläche nicht horizontal verläuft, sondern bei den oft
mehrbogigen Brücken mit den Bogengrößen ansteigt
und auf der anderen Seite nach dem Brückenscheitel
ähnlich wieder abfällt. Daher sind auch die größten
Bögen in der Mitte der Brücke und zu den Brücken-
enden nimmt die Bogengröße ab. Auf diese Weise
kann der beim größten Bogen entstehende größte ho-
rizontale Schub über die niedrigeren, seitlichen Bögen
optimal auf die seitlichen Wiederlager abgeleitet wer-
den. Die Verwendung eines annähernd Halbkreis-
förmigen Bogens ist für viele osmanische Brücken cha-
rakteristisch. Allerdings haben sie in der Regel in der
Mitte eine leichte, oft nur angedeutete Spitze wie bei
einer Zwiebel. Ein gutes Beispiel dafür ist die Brücke
von Mostar.
Die 1322 errichtete Ponte della Maddalena wurde al-
lerdings nicht symmetrisch ausgeführt, wohl auch des-
halb, weil das Tal auf der Westseite nicht über aus-
reichend Platz dafür verfügt. Sie hat auch keine
Zwiebelform und ist daher eher nur aus dem zum Teil
damals islamisch beeinflußten Süden Italiens inspiriert.
Außerdem wurden mehrere Veränderungen an der Brü-
cke im Laufe der Jahrhunderte vorgenommen. Die mar-
kanteste davon dürfte die durch die Errichtung einer
Bahnlinie am westlichen Flussufer ergeben haben.
Dabei musste zu den bestehenden vier Bögen noch
ein schlanker, erhöht angeordneter fünfter Bogen über
der eingleisigen Bahnanlage errichtet werden. Hierfür
musste auch der Weg über die Bahnbrücke nach dem
Scheitel des großen Brückenbogens im Westen deut-
lich angehoben und nach der Bahnüberführung des zu
geringen Platzes wegen in einer engen Serpentine zur
Straße hinuntergeführt werden.
Ursprünglich lag die Brücke auf einer alten Pilgerroute
von Frankreich nach Rom zu den Gräbern von Pet-
rus und Paulus, der Via Francigena. Ihren Namen er-
hielt die Brücke von einer später verloren gegangenen Heiligenfigur der Maria-Magdalena, die in einer Ädi-
kula wohl auf der Brücke aufgestellt war.
Die Gesamtlänge der Brücke misst 95 m. Mitsamt
den seitlichen Brüstungsmauern ist sie 3,7 m breit. Der
Hauptbogen hat eine Spannweite von 37,8 m und eine
Höhe von 18,5 m über dem Seespiegel.
Frühe Brücken
Zug- oder druckbeanspruchte Konstruktionen, kreative, innovative und interessante Brücken
- Title
- Frühe Brücken
- Subtitle
- Zug- oder druckbeanspruchte Konstruktionen, kreative, innovative und interessante Brücken
- Author
- Hasso Hohmann
- Publisher
- Technische Universität Graz
- Location
- Graz
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-85125-833-2
- Size
- 20.0 x 27.0 cm
- Pages
- 306
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen