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aus dem visuellen Material herausgearbeitet und hieraus positive und negative
Aspekte fĂĽr das Zusammenleben in Situationen kultureller Differenz bzw.
fĂĽr den konkreten Forschungszusammenhang abgeleitet werden. Hierbei fin-
det eine Forschungsethik Berücksichtigung, die dem Dialog verpflichtet ist —
auch wenn, oder gerade weil sich dadurch die Sicht der Beteiligten auf ihre
jeweils „eigene Welt“ verändern kann: „Dies ist es, was unsere Erkenntnis so
sehr verunsichert: Die Welt ändert sich, wenn die Perspektive darauf verän-
dert wird. Schräges wird gerade und Lineares krumm, wenn es von einer
anderen Realitätsebene aus betrachtet wird.“ (Faschingeder 2012: 51). Es geht
nicht darum, am Ende des Prozesses der Generativen Bild
arbeit verschiedene
Zugänge und Standpunkte zu vereinheitlichen und jegliche Form von Antago-
nismus zu ĂĽberwinden, sondern vielmehr darum, durch die Anerkennung von
Verschiedenheit gemeinsame Problemfelder zu erschlieĂźen, zu verhandeln
und Handlungsspielräume auszuloten.
Der methodologische Rahmen Generative Bildarbeit wird hier anhand
des Leitmotivs der Rekursivität beschrieben. Den Begriff der Rekursion kann
man auf das lateinische Verb recurro zurückführen, das zunächst mit „zurück-
laufen, -eilen, -kehren, wiederkehren“ übersetzt werden kann. Im übertragenen
Sinn kann recurro aber auch „auf etwas zurückkommen“, im Sinne von „sich
auf etwas beziehen“ bedeuten (Stowasser 1987: 386).
Abb. 29 Day and Night (M.C. Escher 1938)
Im Lexikon der Sprachwissenschaft (BuĂźmann 1990) findet sich eine Definition
fĂĽr Rekursion, die nachvollziehbar macht, wie der Begriff auf kulturwissen-
schaftliche Zusammenhänge angewendet werden kann:
„Aus der Mathematik übernommener Begriff, der in der Linguistik die
formalen Eigenschaften von Grammatiken bezeichnet, mit einem end-
lichen Inventar von Elementen und einer endlichen Menge von Regeln
eine unendliche Menge von Sätzen zu erzeugen.“ (Bußmann 1990: 640)
Generative Bildarbeit
Zum transformativen Potential fotografischer Praxis
- Title
- Generative Bildarbeit
- Subtitle
- Zum transformativen Potential fotografischer Praxis
- Author
- Vera Brandner
- Publisher
- transcript Verlag
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-5008-6
- Size
- 14.8 x 22.5 cm
- Pages
- 276
- Keywords
- Forschendes Lernen, Fotografische Praxis, Methodik, Generative Bildarbeit, Grenzarbeit, Kulturelle Differenz, Praxeologie, Selbstversuch, Reflexive Grounded Theory, Selbstwahrnehmung, Fremdwahrnehmungen, Situationalität, Reflexivität
- Category
- Medien