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samtes fürUnterrichtFolgegebend,bereit ist,FrauenundMännerunterden
gleichenBedingungen zurHabilitation zuzulassen.54
Dass es sich bei dieser Stellungnahme nicht um eine diplomatisch-un-
verbindlicheAntwort andie staatlicheUnterrichtsbehördehandelte, zeigt
die zwar zögerliche, insgesamt aber wohlwollende Haltung gegenüber
TouaillonsAnsinnen.TouaillonhattedieSpielregelndesFeldesgelerntund
aufmehrerenEbenenDruckausgeübt,bevorsieinWientatsächlichumdie
Verleihung der Lehrbefugnis ansuchte. Wie aus einem Brief Touaillons
vom29.November1920anAugustSauerinPraghervorgeht,vergewisserte
sie sich zunächst bei denWiener Professoren, dass diese ihreHabilitati-
onsschriftDer deutsche Frauenroman des 18. Jahrhunderts annehmenund
ihremGesuch stattgeben werden.Nach der Zustimmung des Altgerma-
nistenMaxHermann Jellinek verhandelteTouaillonmitWaltherBrecht,
den sie, wie sie Sauer schrieb, „nach hartenMühen zu den strikten Er-
klärungen[brachte],daßer [ihr]BuchalsgenügendeGrundlage für [ihre]
Habilitation ansehe, daß er keineweitere Arbeit verlange und überhaupt
mit [ihrer]Habilitation einverstanden sei.“Zubedenken gabBrecht aller-
dings, dass die „Gefahr [bestünde], daß andere Professoren das Buch für
eineTendenzschrift haltenwürden“.55NachdemsichTouaillondaraufhin
auch noch derZustimmung desRomanistenKarl vonEttmayer unddes
AnglistenunddamaligenDekansderphilosophischenFakultätKarlLuick
versicherthatte, schickte sie am15.Mai1920 ihrGesuchab.Gleichzeitig
mit den Verhandlungen und Gesprächen mit den Wiener Entschei-
dungsträgern kümmerte sie sich umRezensionen für ihr Buch, damit es
dem Professorenkollegium „schwer gemacht würde, es abfällig zu beur-
teilen“56. InnerhalbwenigerMonate erschienen 14Besprechungen, die –
miteinerAusnahme–allesamtgünstigausfielen.BesondersdieRezension
ihresBeratersAugustSauer imEuphorionhieltumfassendundausführlich
dazuan,dass sichalle späterenRezensionenan ihrorientieren. Ingenauer
KenntnisderakademischenLagedeklinierteSauerinseinerRezensionjene
54 Kommissionsbericht betreffend derHabilitation von Frauen an der philosophi-
schenFakultät derUniversitätWienvom21.November1919;UAW,Phil. Fak.,
S 03Frauenstudium (Erlässe).
55 Brief vonTouaillonanSauervom29.Februar1920;Wienbibliothek imRathaus,
Nachlass August Sauer,ZPH103.
56 Brief vonTouaillonanSauervom29.Februar1920;Wienbibliothek imRathaus,
Nachlass August Sauer, ZPH 103. Vgl. auch den Brief von Touaillon an Elise
Richter vom8.März 1920;ÖNB,Handschriftensammlung; 266/47–1: „Mein
Buchwird durchaus günstig besprochen; die Fachautoritäten wie Sauer, Köster,
Waldberg haben sich erst brieflich, da aber höchst anerkennend geäußert.“
II. Christine Touaillon
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Germanistik in Wien
Das Seminar für Deutsche Philologie und seine Privatdozentinnen (1897–1933)
- Title
- Germanistik in Wien
- Subtitle
- Das Seminar für Deutsche Philologie und seine Privatdozentinnen (1897–1933)
- Author
- Elisabeth Grabenweger
- Publisher
- De Gruyter Open Ltd
- Location
- Berlin
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-045927-2
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 290
- Keywords
- German literary studies, literary text, history, first female scholars, Wiener Germanistik, Wissenschaftsgeschichte
- Category
- Lehrbücher