Seite - 100 - in Germanistik in Wien - Das Seminar für Deutsche Philologie und seine Privatdozentinnen (1897–1933)
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samtes fürUnterrichtFolgegebend,bereit ist,FrauenundMännerunterden
gleichenBedingungen zurHabilitation zuzulassen.54
Dass es sich bei dieser Stellungnahme nicht um eine diplomatisch-un-
verbindlicheAntwort andie staatlicheUnterrichtsbehördehandelte, zeigt
die zwar zögerliche, insgesamt aber wohlwollende Haltung gegenüber
TouaillonsAnsinnen.TouaillonhattedieSpielregelndesFeldesgelerntund
aufmehrerenEbenenDruckausgeübt,bevorsieinWientatsächlichumdie
Verleihung der Lehrbefugnis ansuchte. Wie aus einem Brief Touaillons
vom29.November1920anAugustSauerinPraghervorgeht,vergewisserte
sie sich zunächst bei denWiener Professoren, dass diese ihreHabilitati-
onsschriftDer deutsche Frauenroman des 18. Jahrhunderts annehmenund
ihremGesuch stattgeben werden.Nach der Zustimmung des Altgerma-
nistenMaxHermann Jellinek verhandelteTouaillonmitWaltherBrecht,
den sie, wie sie Sauer schrieb, „nach hartenMühen zu den strikten Er-
klärungen[brachte],daßer [ihr]BuchalsgenügendeGrundlage für [ihre]
Habilitation ansehe, daß er keineweitere Arbeit verlange und überhaupt
mit [ihrer]Habilitation einverstanden sei.“Zubedenken gabBrecht aller-
dings, dass die „Gefahr [bestünde], daß andere Professoren das Buch für
eineTendenzschrift haltenwürden“.55NachdemsichTouaillondaraufhin
auch noch derZustimmung desRomanistenKarl vonEttmayer unddes
AnglistenunddamaligenDekansderphilosophischenFakultätKarlLuick
versicherthatte, schickte sie am15.Mai1920 ihrGesuchab.Gleichzeitig
mit den Verhandlungen und Gesprächen mit den Wiener Entschei-
dungsträgern kümmerte sie sich umRezensionen für ihr Buch, damit es
dem Professorenkollegium „schwer gemacht würde, es abfällig zu beur-
teilen“56. InnerhalbwenigerMonate erschienen 14Besprechungen, die –
miteinerAusnahme–allesamtgünstigausfielen.BesondersdieRezension
ihresBeratersAugustSauer imEuphorionhieltumfassendundausführlich
dazuan,dass sichalle späterenRezensionenan ihrorientieren. Ingenauer
KenntnisderakademischenLagedeklinierteSauerinseinerRezensionjene
54 Kommissionsbericht betreffend derHabilitation von Frauen an der philosophi-
schenFakultät derUniversitätWienvom21.November1919;UAW,Phil. Fak.,
S 03Frauenstudium (Erlässe).
55 Brief vonTouaillonanSauervom29.Februar1920;Wienbibliothek imRathaus,
Nachlass August Sauer,ZPH103.
56 Brief vonTouaillonanSauervom29.Februar1920;Wienbibliothek imRathaus,
Nachlass August Sauer, ZPH 103. Vgl. auch den Brief von Touaillon an Elise
Richter vom8.März 1920;ÖNB,Handschriftensammlung; 266/47–1: „Mein
Buchwird durchaus günstig besprochen; die Fachautoritäten wie Sauer, Köster,
Waldberg haben sich erst brieflich, da aber höchst anerkennend geäußert.“
II. Christine Touaillon
(1878–1928)100
Germanistik in Wien
Das Seminar für Deutsche Philologie und seine Privatdozentinnen (1897–1933)
- Titel
- Germanistik in Wien
- Untertitel
- Das Seminar für Deutsche Philologie und seine Privatdozentinnen (1897–1933)
- Autor
- Elisabeth Grabenweger
- Verlag
- De Gruyter Open Ltd
- Ort
- Berlin
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-045927-2
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 290
- Schlagwörter
- German literary studies, literary text, history, first female scholars, Wiener Germanistik, Wissenschaftsgeschichte
- Kategorie
- Lehrbücher