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enroman teilt Touaillon in Gegenwarts- und Vergangenheitsroman; als
Verfasserinnen von Gegenwartsromanen bespricht sie Maria Sagar (als
einzigeÖsterreicherin),BarbaraKnabe,HeleneUnger,BenedicteNaubert,
Sophie Tresenreuter, Helmine Wahl, Karoline von Wobeser, Sophie
Ludwig, Amalie Ludecus, Wilhelmine Neuenhagen, Isabella von Wal-
lenrodtundThereseHuber; alsVertreterinnendesVergangenheitsromans
gehtTouaillonabermals, diesmal ausführlich aufNaubert ein, nennt aber
auch Sophie Albrecht, Elisabeth Hollmann und Friederike Henriette
Kühn.Der klassizistischeRomanwird angeführt vonCaroline vonWol-
zogen,gefolgtvonCharlotteKalbundSophieMereau,bevorsie imletzten
Kapitel zur Romantik auf Dorothea Schlegel und die zu Lebzeiten un-
beachtete, von Touaillon aber als Ausnahmeerscheinung gehandelte Au-
torin Karoline Auguste Fischer eingeht, der sie bereits vier Jahre vor Er-
scheinen ihrer Habilitationsschrift einen Aufsatz in der Festschrift für
Wilhelm Jerusalemgewidmet hat.66
Recherchiert hat Touaillon all diese Autorinnen samt der von ihnen
verfassten Romane (Touaillon geht auf die beachtliche Anzahl von über
240vonFrauen im18. Jahrhundert geschriebenenRomanen ein) sowohl
in Nachschlagewerken wie Karl Goedekes 1856 begründetem und bis
heute fortgeführtemGrundriß zurGeschichte der deutschenDichtung und
Carl Schindels dreibändigemLexikonDie deutschen Schriftstellerinnendes
19. Jahrhunderts (1823–1835) als auch anhand der Durchsicht zeitge-
nössischer Literaturzeitschriften und veröffentlichter sowie in Archiven
aufbewahrter Briefwechsel kanonisierter männlicher Schriftsteller wie
ChristophMartinWieland,FriedrichSchillerundClemensBrentano.Das
dadurch angesammelteMaterial erklärtTouaillonnach einemPrinzipder
Literaturgeschichtsschreibung, das ebenso aufwendig gewesen sein dürfte
wie die Quellensuche selbst. Wie Sebastian Meissl zu Recht feststellte,
folgteTouaillon dem„methodische[n] Leitsatz, wonachLiteratur aus der
SummeihrerhistorischenBedingungenzuerklärensei“67.Gleichzeitigund
dem scheinbar widersprechend argumentiert Touaillon aber auch immer
wiederinderHierarchiestereotypangenommener,Geschlechtscharaktere‘.68
66 Touaillon:KarolineAuguste Fischer (1915).
67 Meissl:Germanistik inÖsterreich (1981), S. 477.
68 TouaillonbenutztdiesenBegriff selbst;vgl.Touaillon:DerdeutscheFrauenroman
des 18. Jahrhunderts (1919), S. 621 und S. 625. – ZuDefinition undVorstel-
lungsrahmendieses Begriffs vgl.Hausen:Die Polarisierung der ,Geschlechtscha-
raktere‘ (1976). II. Christine Touaillon
(1878–1928)104
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Germanistik in Wien
Das Seminar für Deutsche Philologie und seine Privatdozentinnen (1897–1933)
- Title
- Germanistik in Wien
- Subtitle
- Das Seminar für Deutsche Philologie und seine Privatdozentinnen (1897–1933)
- Author
- Elisabeth Grabenweger
- Publisher
- De Gruyter Open Ltd
- Location
- Berlin
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-045927-2
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 290
- Keywords
- German literary studies, literary text, history, first female scholars, Wiener Germanistik, Wissenschaftsgeschichte
- Category
- Lehrbücher