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rische Hervortreten von Frauen „in ihren unglückseligen lebensverhält-
nissen“ sah und „hinter der scheinbaren kraft“ der behandelten Schrift-
stellerinnen einfach nur „überreiztheit und hysterie“ vermutete.134Doch
trotz des von allenRezensenten geteiltenZweifels daran, ob „die schrift-
stellerinnendes18[.] jh.s [überhaupt]bewus[s]t schaffendekünstlerinnen
waren“135,wasdieuniversitäreBeschäftigungmit ihnenerst gerechtfertigt
hätte, sprach–bis auf Riemann–kein einzigerdergenanntenReferenten
Christine Touaillon die Befähigung zumwissenschaftlichenArbeiten ab.
Vielmehr wurde in demBuch „ein bedeutsamer Beitrag zur Literaturge-
schichte klassischer und romantischer Zeit“136 gesehen und Touaillon
„gründliche[ ] Kenntnis und sichere[ ] Beherrschung des umfänglichen
Stoffes, eindringende[r] Fleißund ruhige[ ], vornehme[ ]Objektivität“137
attestiert. Die einzige Besprechung, die ausschließlich positiv geraten ist,
die desGießener Privatdozenten Adolf vonGrolman, spricht der Studie
sogar „einen so hohenWert [zu], dass Ref. ein ernsthaftesKennenlernen
der Literatur des 18. Jahrhunderts ohne gründliche Auseinandersetzung
mit diesemWerk für ausgeschlossen hält“138.
Unter den 14 Rezensionen sticht eine aufgrund ihrer dialektischen
Umsicht, die sowohl dasThemaunddessenBehandlung als auch die Si-
tuation der Verfasserin in die zeitgenössische Germanistik einzuordnen
weiß, besonders hervor. Es ist die Besprechung des Prager Germanistik-
professors August Sauer, den Christine Touaillon bereits im Laufe ihrer
beiden langwierigen Habilitationsverfahren umRat gefragt hatte. Sauer
schrieb:
Dieses bedeutende, glänzend und temperamentvoll geschriebene Buch einer
gelehrten und gescheiten Frau verdient die größte Beachtung.Nicht ein be-
liebigesThemahat sichdieVerfasserinzurBearbeitunggewählt,wiewir sie in
Seminarien verteilen oder vorschlagen und wie sie im Fluß der jeweiligen
wissenschaftlichen Strömungen als dringend notwendige Baggerarbeit ge-
wünscht oder als zufällig angeschwemmtes Strandgut erbeutet werden; son-
dernder eigenstenBegabungundÜberzeugung folgend,hat sie es sich selbst
134 Riemann:ChristineTouaillon,Der deutsche Frauenromandes 18. Jahrhunderts
[Rez.] (1921), S. 59.
135 Riemann:ChristineTouaillon,Der deutsche Frauenromandes 18. Jahrhunderts
[Rez.] (1921), S. 62.
136 Walzel: Christine Touaillon, Der deutsche Frauenroman des 18. Jahrhunderts
[Rez.] (1921), S. 127.
137 Petsch: Christine Touaillon, Der deutsche Frauenroman des 18. Jahrhunderts
[Rez.] (1921), S. 252.
138 Grolman:ChristineTouaillon,Der deutsche Frauenromandes 18. Jahrhunderts
[Rez.] (1921), S. 17.
II. Christine Touaillon
(1878–1928)132
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Germanistik in Wien
Das Seminar für Deutsche Philologie und seine Privatdozentinnen (1897–1933)
- Title
- Germanistik in Wien
- Subtitle
- Das Seminar für Deutsche Philologie und seine Privatdozentinnen (1897–1933)
- Author
- Elisabeth Grabenweger
- Publisher
- De Gruyter Open Ltd
- Location
- Berlin
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-045927-2
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 290
- Keywords
- German literary studies, literary text, history, first female scholars, Wiener Germanistik, Wissenschaftsgeschichte
- Category
- Lehrbücher