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Nach1945, als siewieder inDeutschland zu veröffentlichen begann,
konzentrierte sie sich –wie in ihren ersten wissenschaftlichen Studien –
nahezuausschließlichaufdieErforschungderRomantik,dersiezwölf ihrer
insgesamt 16 selbständigenPublikationenwidmete.140 In denUSAavan-
cierte sie inzwischen zueinernichtunbeachtetenWissenschaftlerin: 1949
wurde sie als Vertreterin der US-amerikanischen Germanistik zu den
umfassenden Feierlichkeiten anlässlich Goethes 200. Geburtstags nach
Deutschland entsandt,141 imWintersemester 1950/51 war ihr als erster
Frau gestattet, an der Harvard University einen Vortrag für Graduate
Students zu halten,142 außerdemwar sieMitglied derModern Language
Association of America (MLA) und derAmerican Association of University
Professors (AAUP).143 Thalmanns nationalkonservativ-elitäre Wissen-
schaftsauffassung der späten 1920er und frühen 1930er Jahre geriet in
Vergessenheit, sodass sie sich in den 1960er Jahren auch wieder im
deutschsprachigenRaumetablieren konnte,wo siemit ihrerAusgabe der
Werke Ludwig Tiecks (1963–1966)144 zu einem „Geheimtipp für eine
Generation jüngererWissenschaftler(innen),dienach1968denAnschluß
andie internationale Forschung suchte“145, avancierte.
140 NachDie Anarchie im Bürgertum (1932) folgten Thalmann: J.W.Goethe. Der
MannvonfünfzigJahren(1948);dies:LudwigTieck.DerromantischeWeltmann
ausBerlin (1955); dies: LudwigTieck. „DerHeilige ausDresden“ (1960); dies:
DasMärchenunddieModerne(1961);dies:RomantikundManierismus(1963);
dies:RomantikerentdeckendieStadt (1965);dies:ZeichensprachederRomantik
(1967);dies:RomantikeralsPoetologen(1970);dies:DieRomantikdesTrivialen
(1970); dies: Provokation und Demonstration in der Komödie der Romantik
(1974); dies: Romantik in kritischer Perspektive (1976).
141 WellesleyCollegeArchive, Biographical FilesMarianneThalmann.
142 [Anonym:]MarianneThalmann (1951).
143 In derUS-amerikanischen FachgeschichtsforschungwirdThalmannheute jenen
„exile scholarswhohadamajor impacton thedevelopmentofGermanstudies in
theUnited States“ zugerechnet; diese Einschätzung erfolgt jedoch nach wie vor
unter der Annahme, es handle sich bei Thalmann um eine geflohene jüdische
Wissenschaftlerin. Gelber: Dowden/Werner, German Literature, Jewish Critics
[Rez.] (2005), S. 763.
144 Tieck:Werke in vier Bänden (1963–1966).
145 Stephan:Vorwort (2003), S. 10. –Missverständlichundnicht ganz korrekt auch
hier die biographischenAngaben zuThalmann, die laut Stephan „nach1945aus
demamerikanischenExil nachEuropa zurückkehrte“ (ebd.).
III.Marianne Thalmann
(1888–1975)182
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Germanistik in Wien
Das Seminar für Deutsche Philologie und seine Privatdozentinnen (1897–1933)
- Title
- Germanistik in Wien
- Subtitle
- Das Seminar für Deutsche Philologie und seine Privatdozentinnen (1897–1933)
- Author
- Elisabeth Grabenweger
- Publisher
- De Gruyter Open Ltd
- Location
- Berlin
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-045927-2
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 290
- Keywords
- German literary studies, literary text, history, first female scholars, Wiener Germanistik, Wissenschaftsgeschichte
- Category
- Lehrbücher