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19Das
italienische Originalwerk
gen als trĂĽgerisch bezeichnet. In welchem AusmaĂź sich die Polemik auf unmittelbar
zurĂĽckliegende Ereignisse bezieht, ist allein an den zahlreichen Hinweisen abzulesen,
deren Inhalt ohne exakte Kenntnisse der aktuellen Streitlage gar nicht zu begreifen
ist. In glänzender Rhetorik, die sich an der perfekten Ausgewogenheit der Satzglieder,
dem reichen Vokabular und der fantasievollen Verwendung von Bildern manifestiert,
polemisiert Marino gegen kalvinistische Intellektuelle, deren Hauptschuld aus seiner
Sicht wohl darin besteht, Rivalen im Kampf um einflussreiche Positionen am fran-
zösischen Hof zu sein. Im Zentrum seiner Aggressionen stehen daher die Vergleiche
dieser protestantischen Gegner mit Tieren, deren Aussehen oder Verhalten als Defor-
mation der Natur empfunden werden können. Der Autor bezeichnet die Gegenpartei
als Spinnen, Hyänen, Aasgeier, Kröten und ähnliche abscheuerregende Tiere, um sie
allein durch ihre Erscheinung schon dem Reich des Teufels zuzuordnen. Durch die
gezielt damit verknĂĽpften Beispiele aus ihrem Verhalten wird dieser Eindruck auf ihr
politisches Handeln ĂĽbertragen und dieses damit als teuflisch denunziert.
Das politische Geschick von Marino lässt sich allein an dem bemerkenswerten De-
tail ablesen, dass seine polemische Schrift ihm die angestrebte Protektion des Hofes
einbringt, ohne ihn einer öffentlichen Debatte auszusetzen : Er überreicht sein Ma-
nuskript von La sferza invettiva dem König und dem neuen Favoriten Charles de
Luynes, welche auf eine Drucklegung offensichtlich keinen Wert legen, da das Werk
erst 1625 nach der RĂĽckkehr des Autors nach Italien zum ersten Mal erscheint. Dieser
strategische Erfolg muss den seine Segel nach den Stürmen der höfischen Intrigen
ausrichtenden Dichter wohl mit Genugtuung erfĂĽllt haben, denn :
Il tutto ottenuto con il non trascurabile profumo della gratuitĂ , posto che la mancata pub-
blicazione dell’invettiva consentiva a Marino d’incamerare la vittoria senza pur un’oncia di
rischio, al prezzo di qualche giorno passato allo scrittoio a comporre prima e a copiare per il
Papa poi una trentina di carte.19
Marino selbst ĂĽbt in weiterer Folge eine beachtliche ZurĂĽckhaltung in Hinsicht auf
La sferza invettiva, denn er erwähnt – soweit bekannt – die Schrift weder in späteren
Werken noch in seiner Korrespondenz.20 Wie es ein Jahr vor seinem Tod zur Veröf-
fentlichung in Paris und den Folgeausgaben in Italien gekommen ist, kann nach heu-
tigem Stand der Forschung nicht beantwortet werden.
Bemerkenswert bleibt jedenfalls, dass dieses im Grunde unbedeutende Werk von
Marino ungefähr 30 Jahre nach seiner ersten Drucklegung den Weg in das gegenre-
19 Carminati : Note, S. 193.
20 Vgl. Carminati : Note, S. 204.
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Giambattista Marinos Wort-Zucht-Peitschen und die Gegenreformation in Wien um 1655
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- Title
- Giambattista Marinos Wort-Zucht-Peitschen und die Gegenreformation in Wien um 1655
- Author
- Alfred Noe
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79696-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 170
- Keywords
- Giambattista Marino, translation italian-german, Counterreformation, Giambattista Marino, Ăśbersetzung italienisch-deutsch, Gegenreformation
- Categories
- Weiteres Belletristik