Web-Books
in the Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Recht und Politik
Verkehrte Leidenschaft - Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
Page - 59 -
  • User
  • Version
    • full version
    • text only version
  • Language
    • Deutsch - German
    • English

Page - 59 - in Verkehrte Leidenschaft - Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin

Image of the Page - 59 -

Image of the Page - 59 - in Verkehrte Leidenschaft - Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin

Text of the Page - 59 -

59 Das Strafgesetz 1852 Elisabeth Greif • Verkehrte Leidenschaft ¶ tigen Handlungen verleitet hatte. Seine Entscheidung begründete der Gerichtshof damit, dass sich der Angeklagte » blos [ sic ! ] der Onanie schuldig gemacht [ hat ]. Diese aber ist schon mit den Hofdecreten vom 14. August 1824 und 8. Juli 1831 aus der Kategorie der Delicte ausgeschlossen worden und ist auch in dem gegenwärtigen geltenden Strafgesetze nicht als Ver- brechen bezeichnet. [ … ] Ebensowenig aber ist die vorliegende Art der Unzucht mit der vollständigen Sodomie, mit den im § 129 des St.G.B. berührten Brutalitäten zu verwechseln. « 226 Das Erstgericht hatte den Angeklagten zuvor in der vom Oberlandesge- richt aufgehobenen Entscheidung wegen Schändung gem § 128 StG 1852 verurteilt. Auch diesen Tatbestand sah der Oberste Gerichtshof aber nicht verwirklicht, da der geschlechtliche Missbrauch nicht an der Per- son des Missbrauchten verübt worden war. Lediglich die Voraussetzun- gen des § 516 StG ( Gröbliches und öffentliches Ärgernis verursachende Verletzung der Sittlichkeit oder Schamhaftigkeit ) seien erfüllt. Ein Jahr später hob das Oberlandesgericht Innsbruck ein erstinstanz- liches Urteil auf, mit dem zwei Männer wegen gleichgeschlechtlicher Unzucht verurteilt worden waren. Die Tathandlung hatte darin bestan- den, dass der eine von hinten sein eregiertes Glied bis zum Samener- guss an den entblößten Hüften und dem After des anderen gerieben hatte. Zur Begründung der Urteilsaufhebung führte das Oberlandesge- richt an, dass » der Ausdruck › Unzucht ‹ als unerlaubter Geschlechtsact eine › innerliche Vereinigung ‹ ( coitum internum ) voraussetze, und sich auf die Onanie nicht beziehe « 227. Der Oberste Gerichtshof schloss sich jedoch dem Erstgericht an: Die Tathandlung stelle sich als eine Befriedi- gung der Wollust unter Personen desselben Geschlechts dar und trage alle Erfordernisse der gleichgeschlechtlichen Unzucht an sich.228 Dage- gen stufte der Gerichtshof die Handlung eines zweiundvierzigjährigen 226 OGH 842. 227 OGH 917. 228 Vgl OGH 917. Die Angeklagten werden als A, B und C bezeichnet, tatsächlich dürfte es sich jedoch dem weiteren Sachverhalt zufolge nur um zwei Personen gehandelt haben. Sowohl in dieser Entscheidung als auch in OGH 842 wird der Sachverhalt in lateinischer Sprache wiedergegeben, wohl um die unzüchtigen Handlungen nur einem möglichst kleinen Kreis zugänglich zu machen. Dazu und zur Verwendung der lateinischen Sprache, um das sonst » Unsagbare « auszudrücken vgl auch Bauer Heike, » Not a translation but a mutilation «: The Limits of Translation and the Dis- cipline of Sexology, The Yale Journal of Criticism 2003, 381 ( 386 ).
back to the  book Verkehrte Leidenschaft - Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin"
Verkehrte Leidenschaft Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
Aus- und Verhandlungsprozesse vor dem Landesgericht Linz 1918 – 1938
Title
Verkehrte Leidenschaft
Subtitle
Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
Author
Elisabeth Greif
Publisher
Jan Sramek Verlag
Location
Wien
Date
2019
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-7097-0205-5
Size
15.0 x 23.0 cm
Pages
478
Category
Recht und Politik
Web-Books
Library
Privacy
Imprint
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Verkehrte Leidenschaft