Web-Books
in the Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Recht und Politik
Verkehrte Leidenschaft - Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
Page - 172 -
  • User
  • Version
    • full version
    • text only version
  • Language
    • Deutsch - German
    • English

Page - 172 - in Verkehrte Leidenschaft - Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin

Image of the Page - 172 -

Image of the Page - 172 - in Verkehrte Leidenschaft - Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin

Text of the Page - 172 -

172 IV. Wunsch nach einem neuen Strafrecht Elisabeth Greif • Verkehrte Leidenschaft¶ » [ d ]as Gesetz [ dürfe ] nicht etwas Unmögliches fordern [ . ]; bei der Neigung von Mann zu Mann handele es sich um einen un- widerstehlichen Trieb; eine Strafvorschrift sei daher von vorn- herein zum Misserfolg verurteilt und erreiche nichts weiter, als daß eine große Zahl sonst gesetzestreuer Männer sich ihr gan- zes Leben hindurch infolge einer unglücklichen, nicht durch sie, sondern durch die Natur verschuldeten Veranlagung der Gefahr einer Bestrafung und damit der Vernichtung ihrer bürgerlichen Existenz ausgesetzt sähen. « 705 Durchsetzen konnte sich die sexualwissenschaftliche Forderung nach Straflosigkeit zumindest der einfachen mann-männlichen Unzucht je- doch nicht: Die Strafbarkeit der Unzucht zwischen Männern bedeu- tete vielmehr » eine Schranke [ . ], die man nicht ohne Schaden für die Gesundheit und Reinheit unseres Volkslebens hinwegziehen darf. « 706 Nach » deutscher Auffassung « seien geschlechtliche Beziehungen zwi- schen Männern als » Verirrung « anzusehen: Zerstörerisch für den Cha- rakter und das sittliche Gefühl würden sie letztendlich zur » Entartung des Volkes « und zum » Verfall seiner Kraft « führen. Die Verführung der männlichen Jugend ließe sich nur durch die Strafdrohung eindämmen. Ebenso müsse der männlichen Prostitution mit aller Schärfe entgegen- getreten werden, was mittelbar auch eine Bekämpfung des » besonders gefährlichen homosexuellen Erpressertums « ermögliche. Die gleichge- schlechtliche Unzucht zwischen Frauen wurde dagegen – wie schon bis- her im deutschen Recht – nicht unter Strafe gestellt.707 Erneut setzte die Kritik von Dehnow bereits am Titel des Abschnitts an. Er konnte in der pauschalen Übertitelung als » Unzucht « keine Ver- besserung erblicken, sachgemäßere Bezeichnungen wären stattdessen » strafbare geschlechtliche Handlungen « oder » Verbrechen und Verge- hen gegen die Ordnung des Geschlechtslebens «.708 Die Beibehaltung der Strafbarkeit der gleichgeschlechtlichen Unzucht zwischen Männern lehnte Dehnow außerdem entschieden ab: Zu strafen sei lediglich die 705 Amtlicher Entwurf II 135. 706 Amtlicher Entwurf II 135. 707 Vgl Amtlicher Entwurf II 136. 708 Vgl Dehnow Fritz, Archiv für Kriminologie ( Kriminal-Anthropologie und Krimina- listik ), Bd 77, 1925, 23 f. Kronecker kritisierte die von Dehnow vorgeschlagenen Be- zeichnungen als » weitschweifig «, vgl Kronecker Ernst, Die Sittlichkeitsverbrechen im Amtlichen Strafgesetzentwurf, ZStW 1927, 568 ( 571 ).
back to the  book Verkehrte Leidenschaft - Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin"
Verkehrte Leidenschaft Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
Aus- und Verhandlungsprozesse vor dem Landesgericht Linz 1918 – 1938
Title
Verkehrte Leidenschaft
Subtitle
Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
Author
Elisabeth Greif
Publisher
Jan Sramek Verlag
Location
Wien
Date
2019
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-7097-0205-5
Size
15.0 x 23.0 cm
Pages
478
Category
Recht und Politik
Web-Books
Library
Privacy
Imprint
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Verkehrte Leidenschaft