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ISBN Print: 9783847107217 – ISBN E-Lib: 9783737007214
graphiedurchdie„MeistersingervonNürnberg“gelöschtwerdensollte–durch
jenesWerk, das zwischen 1935 und 1938 fixer Programmteil bei den Eröff-
nungen der „Reichsparteitage“ der NSDAP war, und vor allem durch jenen
Komponisten,derdernationalsozialistischenMusikpolitikalszentraleReferenz
für antisemitischeMaßnahmendiente.27Alleine schondieseUmbenennungen
verweisen also auf die Zuspitzung der „deutschnationalen“ Aufladung des
„Musikstadt“-Topos. Dass zugleich eine Fokussierung auf Wien betrieben
wurde, lässt sich diesbezüglich an einemweiteren Beispiel zeigen. Denn auch
abseits dieser Umbenennungspraxis operierte insbesondere Wiens Gauleiter
undReichsstatthalter Baldur von Schirach (1907–1974) anVerdichtungen des
straßenbezogenenMusikgedenkens. Die auf ihn zurückgehende Initiative zur
Umbenennung eines Teils der „Augustinerstraße“ in „Philharmonikerstraße“
etwa schrieb dasOrchester anlässlich seines 100-Jahr-Jubiläums in die städti-
scheTopographie einund erweiterte diese damit in ihren „Musikstadt“-Bezü-
gen.28
Schirach sah darüber hinaus aber auch in Großveranstaltungen wie der
Mozart-Woche desDeutschenReiches vomDezember 1941 für die StadtWien
eine Chance, das traditionelleMusik-Image zu unterstreichen und auch nach
außen hin zu schärfen,29 zumal die internationale Aufmerksamkeit außeror-
dentlich hochwar.30Die Stadt ließkaumeineMöglichkeit aus, den Salzburger
Komponisten zumWiener Tonheroen umzudeuten: Anhand der Programm-
broschüre ist ersichtlich, dass die zehn Tage dauernde Feier neben dem
Reichsprogramm täglich auch ein reich bestücktesWiener Programmbeinhal-
tete. Außerdempräsentierte die Broschüre eine ListemitWienerMozart-Ge-
27 Vgl.Goebbels:Grundsätze (Anm.11).
28 Vgl.MehrerdesRuhmesunsererStadt.EröffnungderJahrhundertfeierderPhilharmoniker
durchReichsleiter v. Schirach. In:Neuigkeits-Welt-Blatt, 29.03.1942,S. 3.
29 ZurMozart-Woche imKontextdes„Musikstadt“-Toposvgl.FritzTrümpi:Komponistender
„WienerKlassik“alspolitischeRepräsentationsfiguren.GründungenvonWienerMusiker-
gedenkstätten imNationalsozialismus. In: JuriGiannini,MaximilianHaas,ErwinStrouhal
(Hg.): Eine InstitutionzwischenMachtundRepräsentation.DieUniversität fürMusikund
Darstellende KunstWien im Kulturleben des Nationalsozialismus. Wien: Mille Tre 2014
(=Musikkontext 7), S. 221–237.ZurEntstehungsgeschichtederMozart-Wochevgl.Hubert
Reitterer:DieMozartwochedesDeutschenReiches inWien1941. In:Musik imProtektorat
Böhmen undMähren (1939–1945). Fakten, Hintergründe, Historisches Umfeld. Hg. von
AndreasWehrmeyer.München:Ricordi2008(=VeröffentlichungendesSudetendeutschen
Musikinstituts,Berichte6),S. 204–227;MartinLoeser:„…einemunvergleichlichenMeister
des großdeutschen Raumes“. Mozartgedenken imKriegsjahr 1941. In: Mozart im Blick.
Inszenierungen, Bilder undDiskurse.Hg. vonAnnetteKreutziger-Herr undKatrin Losle-
ben.Köln,Weimar,Wien:Böhlau2007 (=Musik–Kultur–Gender4), S. 67–77.
30 Loeser, „Meister“ (Anm.29), S. 69;Marie-H8lHneBenoit-Otis, C8cileQuesney:ANaziPil-
grimagetoVienna?TheFrenchDelegationatthe1941„MozartWeekoftheGermanReich“.
In:TheMusicalQuarterly99(2016),Heft 1: Spring, S. 6–59.
„MusikstadtWien“-Toposals Instrument 37
Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY-NC-ND 4.0
Guido Adlers Erbe
Restitution und Erinnerung an der Universität Wien
- Title
- Guido Adlers Erbe
- Subtitle
- Restitution und Erinnerung an der Universität Wien
- Editor
- Stefan Alker-Windbichler
- Murray Hall
- Markus Stumpf
- Publisher
- V&R unipress GmbH
- Location
- Wien
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-7370-0721-4
- Size
- 15.5 x 23.2 cm
- Pages
- 316
- Keywords
- Political Science, National Socialism, Nazi-looted, musical life, provenance research, Nationalsozialismus, NS-Raub, Musikleben
- Category
- Kunst und Kultur